Solaranlagen mit Mieterstrom müssen als das anerkannt werden, was Sie sind: Eine Solaranlage je Gebäude

Hintergrund und Status quo der Zusammenfassung von Solaranlagen im § 24 EEG 

Seit der Einführung des EEGs wurde der Begriff einer „Anlage“ zuneh­mend kla­rer defi­niert. Der aktu­el­le Wortlaut des Gesetzes ist wie folgt:

  • § 24 Zahlungsansprüche für Strom aus meh­re­ren Anlagen
  • (1) Mehrere Anlagen sind unab­hän­gig von den Eigentumsverhältnissen zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs nach § 19 Absatz 1 und zur Bestimmung der Größe der Anlage nach § 21 Absatz 1 oder § 22 für den jewei­li­gen zuletzt in Betrieb gesetz­ten Generator als eine Anlage anzu­se­hen, wenn:
  • 1. sie sich auf dem­sel­ben Grundstück, dem­sel­ben Betriebsgelände oder sonst in unmit­tel­ba­rer räum­li­cher Nähe befinden,…

Durch diese Formulierung wird ver­hin­dert, dass eine Solaranlage „künst­lich“ in meh­re­re Solaranlagen auf­ge­teilt wird, um eine höhe­re Vergütung zu erhal­ten. Diese Logik ist wich­tig und wird von der hier vor­ge­schla­ge­nen Ergänzung nicht in Frage gestellt.

Die aktuelle Zusammenfassung von Solaranlagen spiegelt nicht die technische Realität bei Mieterstromprojekten wider

In der Rechtspraxis führt EEG §24 (1) dazu, dass die Solaranlagen auf allen Gebäuden auf einem Flurstück, zu einer ein­zi­gen Solaranlage zusam­men­ge­fasst wer­den. Bei Mieterstromprojekten führt dies regel­mä­ßig zu einer Zusammenfassung von Anlagen, bei denen eine phy­si­ka­li­sche Zusammenfassung der Anlagen rein tech­nisch nicht mög­lich ist. Unten auf­ge­führt sind reale Beispiele von Projekten die reprä­sen­ta­tiv sind für eine Vielzahl an Projekten, die Mieterstromanbieter im Osten und im Westen der Bundesrepublik planen.

In bei­den Fällen (siehe PDF) führt der aktu­el­le Wortlaut des § 24 (1) dazu, dass zwar drei bis neun voll­stän­dig sepa­ra­te Solaranlagen mit max. 50 kW gebaut wer­den müs­sen, diese aber für die Bestimmung der Vergütungshöhe wie eine ein­zi­ge Solaranlage mit 150 kW betrach­tet werden.

Die Höhe der Vergütung für EEG-Anlagen berücksichtig nicht die ökonomische Realität separater Solaranlagen in Mieterstrommodellen

Die Höhe der EEG-Vergütung für Solaranlagen mit Mieterstrom beruht auf den glei­chen Annahmen wie die für all­ge­mei­ne Solaranlagen. Diese Vereinfachung ist grund­sätz­lich sinn­voll, da nicht eine unbe­schränk­te Anzahl an Referenzanlagen betrach­tet wer­den kann.

Hierdurch wer­den jedoch zusätz­li­che Kosten, wel­che bei einer Vielzahl klei­ne­rer Anlagen auf ein­zel­nen Gebäuden im Gegensatz zu einer ein­zi­gen, zusam­men­hän­gen­den Anlage der glei­chen Größe anfal­len, nicht berück­sich­tigt. Diese Kosten rei­chen von den Aufwendungen für den Anschluss an 3–9 Hausanschlüssen, den Mehraufwänden der Anlagenkomponenten (3–9 statt einem Wechselrichter, keine zusam­men­hän­gen­de Unterkonstruktion, 3–9 Kabelführungen inkl. Dach- oder Wanddurchdringungen) bis hin zu viel­fa­chen Planungskosten (jeweils sepa­ra­te Netzanschlussanträge, sta­ti­sche Prüfungen, etc.). Besonderheiten von Solaranlagen auf Wohngebäuden im Bestand (Brandwände, Blitzschutz, alte Elektrik, etc.) sol­len hier nicht wei­ter erwähnt werden.

Eine einfache Lösung ist möglich durch eine Klarstellung zu Wohngebäuden in § 24 EEG

Durch eine ein­fa­che Klarstellung im § 24 EEG kann die aktu­el­le Unschärfe in Bezug auf Wohngebäude ver­mie­den wer­den, ohne dass die sons­ti­ge Definition der Zusammenfassung von Anlagen beein­träch­tigt wird:

Neuer Satz im EEG § 24 (1), ein­zu­fü­gen nach Satz 1:
Abweichend von Satz 1 wer­den meh­re­re Anlagen nicht als eine Anlage zusam­men­ge­fasst, wenn sie sich jeweils auf, an oder in eigen­stän­di­gen Wohngebäuden befin­den, in wel­chen min­des­tens 40 Prozent der Fläche des Gebäudes dem Wohnen dient, und die jeweils über einen eige­nen Anschluss an das Netz ver­fü­gen. Diese Regelung für Anlagen auf Wohngebäuden ist anzu­wen­den für die Ermittlung der Ansprüche nach § 19 Absatz 1 und § 23b Absatz 1 und zur Ermittlung der Größe der Anlage nach § 21 Absatz 1, § 21 Absatz 3 und § 22.

Diese Formulierung greift die Definition zur Förderfähigkeit von Mieterstromanlagen aus dem EEG § 21 (3) auf („…Solaranlagen…, die auf, an oder in einem Wohngebäude instal­liert sind.“) und nutzt die in EEG § 3 Nummer 50 for­mu­lier­te Definition von Wohngebäuden sowie die in EEG § 3 Nummer 35 for­mu­lier­te Definition des Netzes. Sie hat kei­nen Einfluss auf die bestehen­de Regelung im EEG § 21 (3), wonach nur Solaranlagen mit max. 100 kW pro Wohngebäude einen Mieterstromzuschlag erhalten.

Bestehende Regelungen des § 24 und bestehende Anlagen werden nicht beeinflusst.

Durch die Spezifizierung der Regelung auf Wohngebäude wird sicher­ge­stellt, dass kei­ner­lei Auswirkungen der bis­he­ri­gen Regelungen bzgl. Solaranlagen auf Freiflächen oder auf ande­ren Gebäudetypen bestehen. Durch eine ent­spre­chen­de, in der aktu­el­len Entwurfsfassung bereits ent­hal­te­ne, Regelung in EEG § 100 (Übergangsbestimmungen) kann sehr ein­fach klar­ge­stellt wer­den, dass die Anpassung nur auf neue Solaranlagen zutrifft, nicht aber auf bereits in Betrieb genom­me­ne Anlagen.

Etwaige Ansprüche auf Übertragung auf ande­re Anwendungsfälle des EEG § 24 (1) las­sen sich nicht her­lei­ten, da durch die bestehen­den Regelungen im §21 (3) bereits eine vom Gesetzgeber aus­drück­lich erwünsch­te Ungleichbehandlung statt­fin­det zwi­schen Solaranlagen auf Wohngebäuden und ande­ren Solaranlagen.

Technische Klarstellung/Korrektur erfordert keine Beihilferechtliche Bestätigung der EU

Da der Vorschlag eine rein tech­ni­sche Spezifikation des Begriffs der Anlage ist, wel­cher bei der Einführung der Förderung für Mieterstrom zwar in § 21 (3) vor­ge­nom­men, jedoch nicht in § 24 (1) inte­griert wurde (und damit im Status Quo eine gewis­se Inkonsistenz im EEG dar­stellt), han­delt es sich nicht um eine bei­hil­fe­recht­lich rele­van­te Anpassung. Vielmehr han­delt es sich hier­bei um eine Klarstellung bzw. Behebung einer tech­ni­schen Inkonsistenz. Auf die mit der EU-Kommission abge­stimm­ten öko­no­mi­schen Analysen und Renditeerwartungen der Investoren hat diese Ergänzung kei­ner­lei Einfluss, da der Fall einer Solaranlage mit Mieterstrom, wel­che für die Ermittlung des EEG-Vergütungsanspruches zu einer grö­ße­ren Anlage zusam­men­ge­fasst wurde, in den Analysen von Prognos nicht berück­sich­tigt wurde.

Gefahr der Überförderung muss kritisch hinterfragt werden, kann aber ausgeschlossen werden

Im Hinblick auf die Kosteneffizienz der Energiewende ist jede Anpassung des EEG kri­tisch im Hinblick auf eine mög­li­che Überförderung zu hin­ter­fra­gen. Zum einen für die nach­hal­ti­ge Unterstützung der Gesellschaft für die Energiewende, zum ande­ren im Hinblick auf evtl. Prüfung durch die EU Kommission. Bei der hier vor­ge­schla­ge­nen Anpassung sind vier mög­li­che Effekte zu prüfen:

  1. Erhalten die betrof­fe­nen Solaranlagen eine unan­ge­mes­sen hohe EEG- Vergütung?
  2. Gibt es Vorteile durch den räum­li­chen Zusammenhang wel­che zu beach­ten sind?
  3. Gibt es Nebeneffekte der aus­blei­ben­den Zusammenfassung die unsach­ge­mäß sind?
  4. Erhalten die betrof­fe­nen Solaranlagen einen unan­ge­mes­sen hohe Mieterstromförderung?

Zu (1): Bei den von der Anpassung betrof­fe­nen Anlagen han­delt es sich um sol­che, bei denen aus rein tech­ni­schen Gründen eine Zusammenfassung nicht sinn­voll ist. Grundsätzlich sind diese Anlagen also kos­ten­sei­tig wie eine ein­zel­ne Anlage der jewei­li­gen Größe zu bewerten.
Alleine die Gefahr von mög­li­chen Effizienzgewinnen durch die zeit­glei­che Installation von z.B. drei 50 kW Anlagen im Rahmen von einem ein­zi­gen Projekt (Synergieeffekte im Einkauf, Projektabwicklung) muss betrach­tet wer­den. Hierbei sei jedoch auf die grund­sätz­lich höhe­re Komplexität bei der Projektentwicklung von Mieterstromprojekten sowie die im Durchschnitt anfal­len­den höhe­ren Aufwendungen für die Installation von Solaranlagen auf Wohngebäuden ver­wie­sen (typi­scher­wei­se kom­ple­xe­re Dachkonstruktionen, stren­ge Einhaltung aller sicher­heits­re­le­van­ten tech­ni­schen Elemente).

Zu (2): Durch die Anpassung könn­te theo­re­tisch die Gefahr bestehen, dass meh­re­re Solaranlagen zwar durch die aus­blei­ben­de Zusammenfassung von einer höhe­ren Vergütung pro­fi­tie­ren, aber gleich­zei­tig Vorteile durch die räum­li­che Nähe erhal­ten. Diese Gefahr wird dadurch ver­mie­den, dass die Anpassung explizit nur sol­che Anlagen nicht zusam­men­fasst, wel­che einen eige­nen Anschluss an das Netz haben. Hierdurch ist sicher­ge­stellt, dass Anlagen, wel­che nicht zusam­men­ge­fasst wer­den, auch nicht in einer gemein­sa­men Kundenanlage betrie­ben wer­den kön­nen oder sonst von „gemein­sa­men“ Eigenverbrauch profitieren.

Zu (3): Wenn tech­nisch voll­stän­dig von­ein­an­der getrenn­te Solaranlagen im § 24 (1) nicht zusam­men­ge­fasst wer­den, kann dies Auswirkung haben auf die Pflicht zur Direktvermarktung des ein­ge­speis­ten Stroms. Das Risiko einer Überförderung kann hier­bei jedoch eben­falls aus­ge­schlos­sen wer­den. Vielmehr han­delt es sich hier­bei um eine Beseitigung einer in der aktu­el­len Praxis sehr kri­tisch zu bewer­ten­den Anforderung, in wel­cher in dem oben genann­ten Beispielen nach aktu­el­ler Rechtslage drei bis neun sepa­ra­te Fernsteuereinheiten instal­liert und betrie­ben wer­den müs­sen für tech­ni­sche Anlagengrößen zwi­schen 17 und 50 kW, bzw. Einspeisemengen im Maximalfall zwi­schen ca. 17 und 50 MWh pro Jahr.

Zu (4): Die Festlegung des Mieterstromzuschlags basier­te im Wesentlichen auf den Analysen in einer Studie von Prognos. Darin wur­den ver­schie­de­ne Konstellationen von Anlagengrößen und Gebäudegrößen betrach­tet. Nicht betrach­tet wur­den darin jedoch Fälle in der heu­ti­gen Realität wie die oben beschrie­be­nen, in denen eine tech­ni­sche Anlage zwar nur 50 kW groß ist, jedoch eine gerin­ge EEG-Vergütung gemäß einer 150 kW Anlage erhält. Durch die hier vor­ge­schla­ge­ne Anpassung würde also ledig­lich der Zustand der Prognosstudie her­ge­stellt, auch in sol­chen Fällen wo sich mehr als ein Haus auf einem Flurstück befindet.

Die Entscheidung für Mieterstrom ist eine politische und kann nur als solche legitimiert und getroffen werden

Unter rein öko­no­mi­schen Gesichtspunkten ist jeg­li­che Spezifizierung von gesetz­ge­be­ri­schen Vorgaben in Frage zu stel­len, da hier­mit stets die Kosten für die Energiewende stei­gen. Im Hinblick auf das über­ge­ord­ne­te Ziel der Energiewende und im Speziellen der Zielsetzung von Mieterstrom, die Teilhabe der Bevölkerung an der Energiewende zu stär­ken, ist hier eine poli­ti­sche Entscheidung für oder gegen sola­ren Mieterstrom zu treffen.