Interview mit Malte Künzer zum Handelsblatt Energie-Gipfel 2021
Was sind die größten Hindernisse bei der Digitalisierung der Energiewirtschaft bzw. für Ihr Unternehmen und welche Technologien können heute schon gewinnbringend eingesetzt werden?
Mit zunehmend komplexeren Technologien und einer wachsenden Anzahl an Akteur*innen, bzw. Anlagen zur Stromerzeugung, könnte die Digitalisierung der Energiewirtschaft zu einem essentiellen Bestandteil der Energiewende werden. Leider stehen die aktuellen Marktregeln und Gesetzgebungen der Umsetzung innovativer digitaler Geschäftsmodelle häufig im Wege.
Neben der digitalen Verarbeitung der vielen anfallenden Daten, ist der flächendeckende Rollout von Smart-Meter ein wichtiger Part der Digitalisierung. Dieser lässt jedoch noch auf sich warten, denn der Einbau ist aktuell noch Aufgabe des*der Kund*in. Verglichen mit dem aktuell relativ geringen Nutzen für die Endkund*innen sind die Kosten allerdings noch zu hoch. Daher fehlt es an Akzeptanz für die Smart Meter.
Ein Beispiel: der Rollout von Smart Metern für alle Haushalte hat für Mieterstrom-Projekte den Vorteil, dass die Abrechnung einfacher und die Kosten geringer ausfallen. Wenn aber extra für ein Mieterstromprojekte neue Zähler eingebaut werden müssen, verursacht das hohe Extrakosten. Sowohl auf unserer Seite als auch Seiten der Kunden. Für die Akzeptanz bei den Bewohner*innen im Haus ist problematisch, wenn sie zusätzliche Kosten für den neuen Zähler haben, auch wenn sie nicht Mieterstromkunde*in werden.
Was ist noch zu tun auf dem Weg zur klimafreundlichen Energieversorgung?
Mittlerweile besteht unsere Stromversorgung aus mehr als 40 Prozent erneuerbaren Energien – Damit sind wir schon weit gekommen. Ein wichtiger Punkt ist die Beteiligung der Menschen. Sie müssen sehen, dass sie etwas von diesem Umbau haben und nicht nur belastet werden. Mit solarem Mieterstrom können sie klimafreundlichen Strom vom Hausdach nutzen und Stromkosten sparen.
Um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, lokal erzeugten klimafreundlichen Solarstrom zu nutzen, müssen einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Dazu gehört u.A. die Beseitigung steuerlicher Risiken von Wohnungsunternehmen, ein flächendeckender und kostengünstiger Smart-Meter Rollout, die Verpflichtung der Netzbetreiber zur besseren Kooperation, sowie die Ausweitung der Belieferung auf Nachbargebäude und Quartiere.
Alleine durch diese Maßnahmen können deutlich mehr Bürger*innen in die Energiewende einbezogen werden. Sie können sauberen Strom vom Dach oder aus dem Quartier nutzen und dabei Kosten sparen
Der nächste entscheidende Punkt ist die Sektorenkopplung. Wir müssen die Hürden für die Nutzung des klimafreundlich erzeugten Strom in anderen Bereichen abbauen. Wärmepumpen gelten als ideale Lösung für eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Doch der Strom für die Wärmepumpen ist mit zahlreichen Abgaben belastet, was die Attraktivität der Nutzung verringert. Gleiches gilt für die Elektromobilität. In diesem Segment braucht es mehr und einfachere Lademöglichkeiten mit Strom aus der lokalen PV-Anlage.
Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf den Energiesektor bzw. auf Ihr Unternehmen aus?
Bisher waren wir bei SOLARIMO in der Corona-Pandemie immer arbeitsfähig. Die Bürotätigkeiten konnten wir überwiegend gut in das Homeoffice verlegen. Der Baustellenbetrieb geht weiter. Leider scheint die Arbeitsfähigkeit der Verteilnetzbetreiber aber durch aus eingeschränkt zu sein, denn hier kommt es zu nach mehr Verzögerungen als sowieso schon üblich. Viele in diesem Jahr gebaute PV-Mieterstromanlagen speisen deshalb leider noch nicht ein.
Unsere Resilienz gegenüber Krisen ist gewachsen. Trotz der Covid19-Pandemie vergessen wir nicht die Bedeutung der Klimakrise. Das sehen wir unter Anderem im wachsenden Interesse an Photovoltaik-Anlagen. Leider stehenden die bereits genannten Hindernisse dennoch einem Wachstum des Mieterstrommarktes entgegen.