Wohngebäude und Klimaschutz

Interview mit Dr. Ingrid Vogler vom GdW

Wohngebäude spie­len eine wich­ti­ge Rolle für den Klimaschutz. Sie benö­ti­gen viel Energie. Zeitgleich bie­ten sie aber auch große Flächen auf dem Dach und an den Fassaden für Photovoltaikanlagen. Zur Sichtweise der Wohnungswirtschaft haben wir Frau Dr.-Ing. Ingrid Vogler, Leiterin Energie und Technik beim GdW Bundesverband deut­scher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., befragt.

Wohngebäuden und  Klimaschutz: Interview mit Dr. Ingrid Vogler vom GdW

Welche Bedeutung haben Wohngebäude für den Klimaschutz in Deutschland?

Wohngebäude benö­ti­gen der­zeit 23% des Endenergieverbrauchs in Deutschland und wer­den zu knapp 14% erneu­er­bar ver­sorgt, d.h. zu über 86% durch fos­si­le Energien. Um die Gebäude fast voll­stän­dig mit erneu­er­ba­ren Energien ver­sor­gen zu kön­nen, muss auch der Energieverbrauch noch wei­ter redu­ziert wer­den. Allerdings ist dabei zu berück­sich­ti­gen, dass ein Großteil der Wohngebäude bereits umfas­send oder teil­wei­se ener­ge­tisch moder­ni­siert ist und von den noch nicht ener­ge­tisch moder­ni­sier­ten, viele Gebäude vom Markt ver­schwin­den wer­den. Auf alle Fälle sind die finan­zi­el­len Herausforderungen für den Klimaschutz bei Wohngebäuden immens.

Welche Rolle kann die gebäudenahe Stromerzeugung mit Photovoltaik dabei spielen, dass Wohngebäude einen größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten?

Angesichts der Notwendigkeit, unser gesam­tes Energiesystem auf erneu­er­ba­re Energien umzu­stel­len, wäre es ein gro­ßer Fehler, auf die Gebäudeflächen für die Photovoltaik zu ver­zich­ten. Eigentlich muss in naher Zukunft jedes Gebäude, sei es auf dem Dach oder an der Fassade, mit Photovoltaik-Modulen aus­ge­stat­tet sein. Dieser Strom soll­te so voll­stän­dig wie mög­lich lokal genutzt wer­den, um die Netze in den Zeiten, wo auch die gro­ßen zen­tra­len Photovoltaik-Anlagen Strom pro­du­zie­ren, nicht zusätz­lich zu belas­ten. Der lokal erzeug­te Strom soll­te also im Gebäude oder bes­ser noch inner­halb des Quartiers genutzt wer­den. Als Mieterstrom, als Strom für den Allgemeinbedarf der Gebäude, als Ladestrom für Elektromobilität oder auch für Wärmeanwendungen.

Wo liegen die Schwierigkeiten oder Hindernisse für Wohnungsunternehmen in der Umsetzung von Mieterstrom?

Schwierigkeiten und Hindernisse lie­gen kaum in tech­ni­schen Fragen, son­dern in der recht­li­chen Gestaltung. Ein Teil der Wohnungsunternehmen kann gar nicht selbst tätig wer­den, weil damit erheb­li­che steu­er­li­che Nachteile ver­bun­den wären (dies könn­te ganz steu­erneu­tral besei­tigt wer­den). Ansonsten beken­nen sich Gesellschaft und Politik dazu, lokal strom­erzeu­gen­den Projekten eine gewis­se Förderung zu gewäh­ren, gestal­ten diese aber maxi­mal kom­pli­ziert bzw. ändern sie sehr kurz­fris­tig. Das betrifft z.B. die Absenkung des Mieterstromzuschlages Anfang die­ses Jahres, die erfor­der­li­che Anlagenzusammenfassung nach EEG, den anhal­ten­den Streit um zuläs­si­ge Größen von Kundenanlagen, der in meh­re­ren Gerichtsurteilen wei­ter anhän­gig ist oder die Versagung des Mieterstromzuschlages bei Einschaltung eines Dienstleisters für die Stromlieferung an Mieter.

Welche weiteren Möglichkeiten eröffnen sich der Immobilienwirtschaft durch die Nutzung von solarem Mieterstrom?

Bei Beseitigung der ange­spro­che­nen Hemmnisse und bei fai­rer Beteiligung von dezen­tra­len Lösungen an Netzentgelten, z. B. für die not­wen­di­ge Anschlussleistung, eröff­nen sich Perspektiven für Klimaschutz-Quartierskonzepte. Innerhalb eines Quartiers und in Kombination mit BHKWs eröff­nen Photovoltaik-Anlagen, zukünf­tig kom­bi­niert mit Speichern, die Möglichkeit zuneh­mend rege­ne­ra­ti­ver Quartiersversorgung. Allerdings wird das sehr schnell die Frage auf­wer­fen, ob der Ausbaudeckel für Photovoltaik und der ver­stärk­te Ausbau im Gebäudebereich kom­pa­ti­bel sind.

Riskieren wir einen Blick in die Glaskugel: Wie sieht unsere Energiegewinnung in 20 Jahren aus?

Vor 20 Jahren lag der Anteil rege­ne­ra­ti­ver Energien bei der Stromerzeugung in Deutschland bei unter 5 %, heute liegt er bei ca. 40 % vom Bruttostromverbrauch. Das hätte vor 20 Jahren nie­mand in so kur­zer Zeit für mög­lich gehal­ten. Deshalb ist es nicht aus­ge­schlos­sen, dass in 20 Jahren, neben einer wei­te­ren Steigerung der erneu­er­ba­ren Energien, auch syn­the­ti­sche Energieträger einen erheb­li­chen Teil des Energieverbrauchs abde­cken. Ich denke da vor allem an die vie­len Forschungsvorhaben zur Gewinnung von Wasserstoff, z. B. über eine neue Photosynthese. Im bes­ten Fall gelingt es, fos­si­le Energieträger so weit zurück­zu­drän­gen, dass die CO2-Emissionen deut­lich sinken.

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Erfahrender Energieblogger mit hohem Interesse, die Energiewende mit inno­va­ti­ven Technologien und Geschäftsmodellen vor­an­zu­brin­gen. Experte für Gebäudeenergie mit dem Hintergrund als Dipl.-Ing.(FH) Bauphysik.

Andreas KühlEhemaliger Content-Creator bei SOLARIMOEnergynet-Portal für Energieeffizienz und erneu­er­ba­re Energien

Zuletzt bear­bei­tet: 24.06.2019

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