Leitfaden Elektromobilität

für Wohnungsunternehmen: Teil 2

Beim Neubau von Wohngebäuden soll­ten sich die Wohnungsunternehmen und Immobilienentwickler heute über die Installation von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge der MieterInnen Gedanken machen. Damit schaf­fen sie ein moder­nes und nach­hal­ti­ges Angebot, ins­be­son­de­re durch eine Kombination mit einer Photovoltaikanlage für Mieterstrom. Darüber hin­aus besteht in Zukunft eine gesetz­li­che Anforderung, zumin­dest eine Leitungsinfrastruktur im Neubau vor­zu­se­hen, sowie ein Anspruch der MieterInnen auf eine Lademöglichkeit am Haus. Zu der Lademöglichkeit gehört auch die Frage, wer sie betreibt und wie der Strom abge­rech­net wer­den soll.

Der zwei­te Teil des Leitfadens zeigt die Möglichkeiten von Wohnungsunternehmen für den Betrieb und die Abrechnung der Ladesäulen in der Praxis.

  1. Chance zur Aufwertung der Immobilien
  2. Sauberer Strom für Elektrofahrzeuge durch Kombination mit PV-Mieterstrom
  3. Möglichkeiten für den Betrieb von Ladesäulen
  4. Kostenpunkte für den Betrieb einer Ladesäule
  5. Fallbeispiel: Sanierung mit PV-Mieterstrom und Ladesäule
  6. Neue Mobilitätsangebote mit Elektromobilität
  7. Fazit: Aufwertung des Standorts mit PV-Mieterstrom und Ladesäule

1. Chance zur Aufwertung der Immobilien

Ladesäulen für Elektrofahrzeuge stel­len, neben der Photovoltaikanlage für Mieterstrom, eine zusätz­li­che Aufwertung von Wohnimmobilien dar. Sie bie­ten den MieterInnen ein moder­nes und nach­hal­ti­ges Angebot für ein beque­mes Laden ihrer Elektrofahrzeuge am Wohnort. Gleichzeitig sorgt die Photovoltaikanlage dafür, dass sie sau­be­ren und lokal erzeug­ten Strom laden kön­nen. So erwei­tern die Wohnungsunternehmen ihr Angebot mit einer attrak­ti­ven Ergänzung für die MieterInnen. Die Ladesäule bie­tet auch die Chance, neue Geschäftsfelder zu entwickeln.

2. Sauberer Strom für Elektrofahrzeuge durch Kombination mit PV-Mieterstrom

Besonders sinn­voll ist es, Strom für Elektrofahrzeuge anzu­bie­ten, der vor Ort mit erneu­er­ba­ren Energien erzeugt wird. Die NutzerInnen wis­sen bei einer loka­len Stromerzeugung mit einer Photovoltaikanlage, dass sie ihr Elektrofahrzeug mit sau­be­rem Strom laden kön­nen. Daher bie­tet es sich an, bei grö­ße­ren Mehrfamilienhäusern ab 12 Wohneinheiten, den Solarstrom sowohl als Mieterstrom für die Haushalte, als auch für Lademöglichkeiten von Elektrofahrzeugen zu nutzen.

Bei der Verbindung von Photovoltaik-Mieterstrom mit einer Ladesäule ist der Einsatz eines Lastmanagements zwin­gend not­wen­dig. Nur damit ist ein intel­li­gen­tes Laden der Elektrofahrzeuge möglich.

3. Möglichkeiten für den Betrieb von Ladesäulen

Es gibt ver­schie­de­ne Möglichkeiten die Ladesäulen an Wohngebäuden zu betrei­ben. Die Wohnungsunternehmen kön­nen sie wahl­wei­se selbst betrei­ben oder von einem exter­nen Anbieter bewirt­schaf­ten las­sen. Dies ist unab­hän­gig vom Aufstellort der Ladesäule. Egal, ob sie direkt am Stellplatz oder an einem Gemeinschaftsparkplatz steht.

Auch für die Abrechnung ste­hen ver­schie­de­ne Möglichkeiten zur Auswahl. Der Ladestrom kann in Abhängigkeit vom Verbrauch oder mit einem Pauschalbetrag (Flatrate) berech­net wer­den. Eine Authentifizierung für den Beginn des Ladevorgangs ist mit einer Ladekarte, sowie bei ver­brauchs­ab­hän­gi­ger Abrechnung auch mit einer Kreditkarte möglich.

Die Betriebsdauer einer Ladesäule ist min­des­tens über die Dauer der Garantie mög­lich, wel­che vom Hersteller gege­ben wird. Üblich sind hier 4 Jahre, mit der Möglichkeit auf Verlängerung gegen ein zusätz­li­ches Entgelt in Höhe von 100 bis 200 EUR pro Jahr.

4. Kostenpunkte für den Betrieb einer Ladesäule

Für einen wirt­schaft­li­chen Betrieb der Ladesäule soll­ten die anfäng­li­chen Investitionskosten und die lau­fen­den Kosten den mög­li­chen Einnahmen gegen­über­ge­stellt wer­den. Die Höhe der Investitionskosten haben wir bereits im vor­an­ge­gan­ge­nen Leitfaden für die Aufstellung von Ladesäulen vorgestellt.

1) Versicherung
Mit Aufstellung der Anlage soll­te für die Ladesäule eine Allgefahrenversicherung abge­schlos­sen wer­den, um gegen jed­we­de Schadensfälle abge­si­chert zu sein, die nicht von der her­kömm­li­chen Gebäudeversicherung gedeckt wer­den. So sind neben Auffahrschäden und Wasserschäden, auch Sabotage und Fehler durch fal­sche Montage ver­si­chert. Da die Ladesäulen beson­ders hohe Leistungen haben, sind ins­be­son­de­re Schäden durch feh­ler­haf­te elek­tri­sche Anschlüsse abge­deckt. Dafür wer­den jähr­lich Nettokosten in ein­stel­li­ger pro­zen­tua­ler Abhängigkeit der Investitionskosten fällig.

2) Wartungsvertrag
Zusätzlich ist noch ein Wartungsvertrag mit den aus­füh­ren­den ElektrikerInnen emp­feh­lens­wert. Dadurch kön­nen die BetreiberInnen eine durch­ge­hen­de Sicherheit der elek­tri­schen Komponenten gewähr­leis­ten. Im Elektrohandwerk gibt es eine eige­ne Richtlinie zur Prüfung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. 

So wer­den halb­jähr­lich die Ladekabel auf ihre Funktionalität und ein­mal jähr­lich die elek­tri­schen Sicherungen, sowie die Gesamtanlage geprüft. Zusätzlich soll­te regel­mä­ßig eine Sichtprüfung durch den Anlagenbetreiber durch­ge­führt wer­den, um ober­fläch­li­che Schäden direkt zu bemer­ken und zu repa­rie­ren. Diese Prüfungen sind auf Grundlage der VDE 0100–600 „Errichten von Niederspannungsanlagen — Teil 6: Prüfungen und VDE 0105–100 „Betrieb von elek­tri­schen Anlagen” durchzuführen.

3) Abrechnungssystem
Weiterhin fal­len jähr­lich Kosten für das ver­wen­de­te Abrechnungssystem an. Dieses wird ent­we­der direkt von HerstellerInnen der Ladesäulen zur Verfügung gestellt oder über exter­ne AnbieterInnen. Sollen die KundInnen zudem deutsch­land- oder sogar euro­pa­weit Zugang zu Ladesäulen haben, ist es not­wen­dig sich Roaming-Plattformen, wie bei­spiels­wei­se Hubject, anzu­schlie­ßen. Dies ist mit zusätz­li­chen Kosten ver­bun­den. Je nach Anzahl der Ladepunkte wer­den hier Kosten von 50bis zu meh­re­ren 100 Euro fällig.

4) Zusätzliche Kosten
Zusätzlich fal­len Kosten für tech­ni­sche Bauteile, wie das dyna­mi­sche Lastmanagement, den Messstellenbetrieb durch den Stromversorger und not­wen­di­ge Rücklagen für den Schadensfall an. Diese sind sowohl von den AnbieterInnen, als auch den Netzbetreiber*innen, abhän­gig und kön­nen noch­mals bis zu 200 EUR ausmachen.

Zur bes­se­ren Übersicht stel­len wir die bei­den Abrechnungsmöglichkeiten und anfal­len­de Kosten anhand eines Beispiels ein­mal gegen­über. Zu beach­ten ist hier­bei, dass bei dem Pauschaltarif noch die Kosten für den Strombezug vom Netz ein­be­zo­gen wer­den müs­sen. Bei der ver­brauchs­ab­hän­gi­gen Berechnung wer­den die Stromkosten aus dem Netz direkt verrechnet.

In unse­rem Beispiel gehen wir davon aus, dass die Ladesäulen an ein Mehrfamilienhaus ange­schlos­sen wer­den, auf dem eine Mieterstromsolaranlage ver­baut ist. Vorherige Studien zei­gen, dass zwei Drittel des jähr­li­chen Strombedarfs einer Ladesäule mit sau­be­rem Solarstrom gedeckt wer­den kann. 

5. Fallbeispiel: Sanierung mit PV-Mieterstrom und Ladesäule

Vom Gebäudebesitzer wird für ein Mehrfamilienhaus mit 12 Wohnungen und 10 Parkplätzen eine Nachrüstung mit einer moder­nen Ladesäule und einer PV-Mieterstromanlage vor­ge­se­hen. Beide Anlagen befin­den sich dem­entspre­chend im Besitz der VermieterInnen. Da nach dem Gebäude-Elektromobilitäts-Infrastruktur-Gesetz (GEIG) min­des­tens die Ladeinfrastruktur vor­ge­se­hen wer­den muss, wird auch eine Ladesäule mit zwei Ladepunkten auf dem Gemeinschaftsparkplatz ver­baut. Die GebäudebesitzerInnen müs­sen nun ent­schei­den, ob sie den inter­es­sier­ten MieterInnen den Strom über einen monat­li­chen Pauschalbetrag oder eine Vergütung pro gela­de­ner Kilowattstunde berechnen.

Aktuell beträgt der Strompreis beim Grundversorger im deut­schen Durchschnitt 33.37 ct/kWh. Da auf dem Gebäude eine Mieterstromanlage instal­liert ist, muss der loka­le Strom min­des­tens zehn Prozent güns­ti­ger sein, in unse­rem Beispiel also 30.03 ct/kWh. Dieser Strompreis beinhal­tet bereits die Kosten für den Netzstrom.

Die BetreiberInnen kön­nen den Mietparteien nun güns­ti­gen Solarstrom an der Ladesäule ver­kau­fen. Dadurch wird ein nach­hal­ti­ges Zusatzangebot geschaf­fen und die Einnahmen für den selbst pro­du­zier­ten Strom sind höher, als die Vergütung für die Einspeisung ins Stromnetz.

Soll der Strombedarf der E‑Autos unab­hän­gig abge­rech­net wer­den, oder ist die ver­bau­te Ladesäule ist nicht eich­rechts­kon­form, kann die Abrechnung über einen monat­li­chen Pauschalpreis erfol­gen. In die­sem Fall müs­sen jedoch noch 35 Prozent des Stroms aus dem Netz bezo­gen wer­den. Die Kosten für den Netzstrom kön­nen BetreiberInnen in die­sem Fall nicht an die MieterInnen wei­ter­rei­chen. Der Pauschalbetrag kann frei gewählt wer­den. Eine höhe­re Anzahl von KundInnen ermög­licht einen nied­ri­ge­ren not­wen­di­gen Pauschalbeitrag.

Zusammenfassend lässt sich fest­hal­ten, dass nach aktu­el­len Angeboten Ladesäulen noch nicht wirt­schaft­lich durch VermieterInnen zu betrei­ben sind, solan­ge man keine hohe Anzahl an KundInnen hat und die Investitionskosten hoch sind. Überlässt man den Betrieb einem exter­nen Dienstleistungsunternehmen, sieht dies jedoch anders aus.

6. Neue Mobilitätsangebote mit Elektromobilität

Zur Mobilitätswende gehört mehr als nur der Austausch des Antriebs der Autos. Auch Elektroautos brau­chen viel Platz auf der Straße und ste­hen im Stau. Daher bie­tet es sich an, das Angebot für die Elektromobilität auf ein Mobilitätskonzept für die Wohngebäude oder das gesam­te Quartier zu erweitern.

Eine wei­te­re Möglichkeit ist ein Carsharing-Angebot, in Zusammenarbeit mit einem ent­spre­chen­den Dienstleister. Aber es kann auch ein Verleih von E‑Bikes, E‑Lastenräder oder E‑Roller sein. Die MieterInnen kön­nen, gemein­sam mit ört­li­chen Unternehmen, die Fahrzeuge nut­zen, ohne selbst inves­tie­ren zu müssen.

7. Fazit: Aufwertung des Standorts mit PV-Mieterstrom und Ladesäule

Der Betrieb einer PV-Mieterstromanlage mit einer Ladesäule ist ein zusätz­li­ches Angebot an die MieterInnen, wel­ches den Standort nach­hal­tig auf­wer­tet. So wird es auch mög­lich, dar­aus wei­ter­ge­hen­de attrak­ti­ve Angebote zu ent­wi­ckeln. Beides bil­det die Grundlage für eine zukunfts­fä­hi­ge Energieversorgung und Mobilität.

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Erfahrender Energieblogger mit hohem Interesse, die Energiewende mit inno­va­ti­ven Technologien und Geschäftsmodellen vor­an­zu­brin­gen. Experte für Gebäudeenergie mit dem Hintergrund als Dipl.-Ing.(FH) Bauphysik.

Andreas KühlEhemaliger Content-Creator bei SOLARIMOEnergynet-Portal für Energieeffizienz und erneu­er­ba­re Energien

Zuletzt bear­bei­tet: 19.05.2020

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