Damit sich ein Solarprojekt Mieterstrom nennen darf, gilt es einige Bedingungen zu erfüllen. Diese werden durch Gesetze der Europäischen Union definiert und anschließend von den Mitgliedstaaten individuell umgesetzt – in Deutschland durch das EEG. Ein Punkt der immer wieder auftaucht: “Der räumliche Zusammenhang.” In diesem Beitrag klären wir nicht nur, was es damit auf sich hat, sondern wir haben auch unsere Forderungen an die Politik niedergeschrieben – denn wie sich der Mieterstrommarkt in den nächsten Jahren entwickeln wird, ist eine politische Entscheidung.
- Deutsche Auslegung des EU-Rechts
- Rechtliche Einschränkungen führen zu weniger Mieterstromprojekten
- Wir fordern: Eine Neudefinition des räumlichen Zusammenhangs
Mieterstrom bedeutet, dass Strom in unmittelbarer Nähe zum Gebäude erzeugt und direkt von den Mieter*innen verbraucht wird. Nur falls nicht genügend Strom erzeugt wird, wird Strom aus dem öffentlichen Netz für eine sichere Versorgung der Mieter*innen bezogen. Doch was genau ist damit gemeint, Strom “in unmittelbarer Nähe” zu produzieren?
Diese Formulierung stammt aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU aus dem Jahre 2009. Hier heißt es, die Produktion muss “an Ort und Stelle innerhalb definierter Grenzen” stattfinden. Da von Seiten der EU keine klare Definition über den räumlichen Zusammenhang vorliegt, obliegt es den Mitgliedsstaaten diese Grenzen näher zu definieren und gegebenenfalls auszuweiten.
1. Deutsche Auslegung des EU-Rechts
Deutschland nahm eine solche Definition im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 vor. Hier heißt es: “Eigenversorgung ist der Verbrauch von Strom, den eine natürliche und juristische Person im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht, wenn der Strom nicht durch ein Netz geleitet wird und diese Person die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt.”
Die Bundesnetzagentur liefert eine Konkretisierung. In ihrem Leitfaden zur Energieversorgung sieht sie einen räumlichen Zusammenhang in der Unmittelbarkeit dann gegeben, wenn Erzeugung und Verbrauch innerhalb eines Gebäudes, Grundstücks oder Betriebsgeländes gegeben ist. Mieterstrom darf explizit nicht durch das öffentliche Stromnetz geleitet werden. Dies würde bedeuten, dass man die Regelung beispielsweise durch eine netzunabhängige Kabelführung umgehen könnte. Die Definition fügt jedoch eine weitere Formulierung hinzu: Der räumliche Zusammenhang entfällt darüber hinaus durch räumliche Distanzen, sowie durch unterbrechende Elemente. Dadurch werden Kabelführungen, die das Netz umgehen, unterbunden. So ist es unmöglich, beispielsweise Solarstrom auf dem eigenen Garagendach zu produzieren und diesen als Mieterstrom im Haus zu nutzen.
2. Rechtliche Einschränkungen führen zu weniger Mieterstromprojekten
Seit der Verabschiedung des Mieterstromgesetzes 2017 wurden bis zum Mai 2020 insgesamt nur 20 MW Anlagenleistung für den Mieterstromzuschlag angemeldet. Mit einer Begrenzung auf 500 MW pro Jahr, hatte das Mieterstromgesetz eine deutlich höhere Zielsetzung formuliert. Das Interesse an Mieterstrom ist prinzipiell sehr hoch. Sind es also die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Ausbau von Mieterstromanlagen so enorm erschweren?
Die hier formulierte Kritik ist nicht neu. Viele Seiten befürworten eine umfassende Neudefinition des räumlichen Zusammenhangs. Dennoch ist keine entsprechende Gesetzesänderung in Sicht. Im Entwurf für die EEG Novelle 2020 ist zumindest bisher keine Änderung vorgesehen. Eine entsprechende Empfehlung des Bundesrats, Mieterstrom auf Quartiere auszuweiten, hat die Bundesregierung zurückgewiesen.
3. Wir fordern: Eine Neudefinition des räumlichen Zusammenhangs
Eine Ausweitung der räumlichen Möglichkeiten im Mieterstrom bleibt unabdingbar. Wenngleich ein erweiterter räumlicher Zusammenhang für urbane Regionen nur bedingt eine Verbesserung der Rahmenbedingungen mit sich bringen würde, könnte besonders der ländliche Raum dadurch neue Energiekonzepte entwickeln.
Durch eine erweiterte Definition des räumlichen Zusammenhangs könnten mehr Menschen an der Energiewende beteiligt werden und das attraktive Stromangebot nutzen. So könnten beispielsweise auch die Haushalte in Gebäuden mit schlechten Voraussetzungen Mieterstrom vom Nachbargebäude beziehen. Auch eine Netzdurchleitung in großen Quartieren, wie sie der Bundesrat gefordert hatte, könnte zu attraktiveren Angeboten für Mieterstrom im gesamten Quartier beitragen.
Um Mieterstrom weiterzuentwickeln wird eine Mitnutzung der Netzstruktur unumgänglich. Auch neue Kabelführungen könnten dabei eine Alternative sein. Wichtig ist es außerdem, dass eine Direktvermarktung des Stroms über das öffentliche Netz möglich wird. So wird eine Begrenzung der Mieterstromproduktion auf das eigene Dach vermieden. Derzeit ist eine solche Vermarktung nur unter der Berücksichtigung des räumlichen Zusammenhangs erlaubt.
So könnte Mieterstrom eine neue Chance bekommen, einen stärkeren Ausbau von Photovoltaikanlagen im urbanen Raum ermöglichen und einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Klimas leisten.