Hocheffiziente Wohngebäude, wie das Passivhaus, bieten sich an für die Versorgung mit erneuerbaren Energien. Der Wärme- und Strombedarf ist so gering, dass der Strom aus einer Photovoltaikanlage einen relativ hohen Anteil decken kann. Daher ist die lokale Nutzung des Stroms als Mieterstrom in einem Mehrfamilien-Passivhaus besonders sinnvoll. Mit einem neuen Bewertungssystem und Passivhaus-Klassen können Planer die erneuerbare Energieerzeugung korrekt abbilden. Mieter*innen freuen sich dabei über einen geringen Verbrauch und klimafreundliche Energie vom Dach.
Wir stellen das Bewertungssystem und die Passivhaus-Klassen mit erneuerbaren Energien vor.
- Was macht ein Passivhaus aus?
- Planung mit dem Passivhausprojektierungspaket PHPP
- Passivhaus Plus und Passivhaus Premium – die Ergänzung mit Photovoltaikanlage
- Passivhaus geht auch als MFH mit solarem Mieterstrom
1. Was macht ein Passivhaus aus?
Das Passivhaus steht für eine sehr hohe Energieeffizienz mit einer lückenlosen Wärmedämmung über alle Bauteile. Hinzu kommt eine weitgehend wärmebrückenfreie und luftdichte Gebäudehülle. Auf diesem Weg bleibt die Wärme weitgehend im Haus. Der verbleibende Heizwärmebedarf darf nicht mehr als 15 kWh/m²a betragen.
Die Bauweise eines Passivhauses sorgt also dafür, dass kaum noch Wärme verloren geht. Entsprechend erfolgt ein Teil der Wärmezufuhr bereits über anwesende Personen und die Abwärme von (Haus-)Geräten. Zusätzlich reicht eine vergleichsweise kleine Heizung zur Beheizung des Gebäudes. So kann etwa die Nachheizung der Zuluft in der mechanischen Wohnungslüftung bereits für ausreichend Wärme im Haus sorgen. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten für ein kostengünstigeres Heizungssystem.
So lässt sich ein Passivhaus mit nur geringen Mehrkosten bauen, im Vergleich zu einem herkömmlichen Neubau. Wichtig ist, dass die Planer von Anfang an die Grundsätze eines Passivhauses berücksichtigen, um keine teuren Änderungen zu verursachen. Das Passivhaus-Institut bietet mit Planungshilfen und zertifizierten Komponenten in dieser Phase Unterstützung an.
Für die Bewohner*innen kommt beim Passivhaus noch ein wichtiges Argument hinzu. Es zeichnet sich auch durch eine angenehme Behaglichkeit und hohen Komfort aus. Hohe innere Oberflächentemperaturen von Außenwand und Fenster sorgen für eine geringe Differenz zur Raumlufttemperatur und vermeiden unangenehme Zugluft. Darüber hinaus sorgt die mechanische Wohnungslüftung für eine angenehme frische Luft in den Wohnräumen, ohne dass die Mieter*innen sich aktiv darum kümmern müssen.
2. Planung mit dem Passivhausprojektierungspaket PHPP
Für die unkomplizierte Planung eines Passivhauses gibt es hilfreiche Werkzeuge. So können Architekten und Planer mit dem Passivhausprojektierungspaket (PHPP) verschiedene Varianten und ihre Wirtschaftlichkeit vergleichen. Das excelbasierte Werkzeug für Energiebilanzierung und Planung ermöglicht gleichzeitig die Erstellung eines Energieausweises nach EnEV oder künftig GEG. Zusätzlich können Planer*innen mit dem Tool auch einen Nachweis für die Förderung im Standard KfW Effizienzhaus 55, 40 oder 40 plus erstellen.
In diversen Forschungsprojekten konnte eine hohe Übereinstimmung des mit dem PHPP ermittelten Wärmebedarfs und dem tatsächlichen Verbrauch festgestellt werden.
3. Passivhaus Plus und Passivhaus Premium – die Ergänzung mit Photovoltaikanlage
Ein Mehrfamilienhaus, das nur noch einen geringen Energiebedarf hat, eignet sich hervorragend für die Versorgung mit erneuerbaren Energien. Somit ist eine Photovoltaikanlage eine ideale Ergänzung eines hocheffizienten Passivhauses.
Um den Nutzen einer lokalen Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien abbilden zu können, gibt es neben dem Standard Passivhaus auch weitere Varianten. Den erneuerbaren Primärenergiebedarf bildet das Passivhaus-Institut mit dem neu eingeführten PER-Faktor ab. Dieser Wert ist relevant für die neuen Passivhaus-Klassen mit erneuerbarer Energieerzeugung und bildet die Grundlage für eine korrekte Bewertung der Energieerzeugung am Gebäude. Zusätzlich zum erneuerbaren Primärenergiebedarf gelten bei den neuen Klassen gesonderte Anforderungen an die erneuerbare Energieerzeugung.
|
Erneuerbarer Primärenergiebedarf PER |
Erzeugung mit erneuerbaren Energien |
Passivhaus Classic |
60 kWh/m²a |
- |
Passivhaus Plus |
45 kWh/m²a |
60 kWh/m²a |
Passivhaus Premium |
30 kWh/m²a |
120 kWh/m²a |
Das Passivhaus Classic ist der normale Passivhaus-Standard. Beim Passivhaus-Plus gibt es eine ausgeglichene Energiebilanz über das Jahr gerechnet, mit Energiebedarf und ‑erzeugung. Die Königsdisziplin bildet dann das Passivhaus Premium, das deutlich mehr Energie erzeugt, als es benötigt. Das Bewertungssystem mit einem erneuerbarem Primärenergiebedarf erlaubt jedoch keine direkte Anrechnung von im Sommer erzeugtem Solarstrom mit der im Winter benötigter Heizenergie.
Die Erzeugung erneuerbarer Energien bezieht sich auf die überbaute Fläche des Gebäudes. Dies unterscheidet sich von anderen Anforderungen, die sich auf die Gebäudenutzfläche beziehen. Damit werden Mehrfamilienhäuser und eingeschossige Gebäude gleich behandelt, denn die Sonne scheint nur einmal auf die überbaute Fläche.
Reicht die erneuerbare Energieerzeugung nicht aus, ist es zulässig den Unterschied durch einen geringeren Heizenergiebedarf zu ersetzen. Umgekehrt ist es aber auch zulässig, einen höheren Heizenergiebedarf durch eine höhere Erzeugung zu kompensieren. So ist es möglich durch mehr Flächen für die Stromerzeugung mit einer Photovoltaikanlage, z.B. auf der Fassade, eine eventuell schwierige Umsetzung des Passivhaus-Standards zu kompensieren.
Dieses Modell des Passivhaus-Institutes bezieht auch Speicher ein und bewertet sie als Sekundärenergie mit ihrem spezifischen Verlust. Damit ist eine direkte Nutzung, z. B. in Form von Mieterstrom in den Haushalten, von Vorteil. Der Verlust durch Speicher ist abhängig von der Nutzung, wie für den Haushaltsstrom oder für die Heizung.
4. Passivhaus geht auch als MFH mit solarem Mieterstrom
Ein Passivhaus zeichnet sich durch einen geringen Wärme- und Strombedarf aus. Dies macht die Nutzung der erneuerbare Energien zu einem höheren Anteil im Gebäude möglich. Im Passivhaus ist jedoch keine Bilanzierung des solaren Ertrags über das Jahr zulässig.
Die lokale und möglichst zeitgleiche Nutzung der erneuerbaren Energien ist im Sinne der neuen Passivhaus-Klassen Passivhaus-Plus und Passivhaus-Premium. Bei PV-Anlagen auf einem Mehrfamilien-Passivhaus bietet sich daher das Mieterstrom-Modell an.
Dieses Baukonzept mit seinem sehr geringen Energiebedarf und dessen vornehmliche Deckung durch den Einsatz erneuerbarer Energien ist ein klimafreundliches Zukunftsmodell, gerade wenn es um den Neubau von Mehrfamilienhäusern geht.