Die Möglichkeiten der Stromerzeugung mit Solarenergie werden immer vielfältiger. Das geht inzwischen deutlich über die bekannten Aufdachanlagen und Solarparks hinaus. Durch technische Innovationen und damit einhergehende Reduzierung der Kosten sind völlig neue Einsatzvarianten und Geschäftsmodelle mit Photovoltaik möglich. Mit diesem Beitrag wollen wir zeigen welche innovativen Themen der Photovoltaik-Branche in 2020 Trend liegen.
- Faltbare Solarmodule
- Blaue Straßen — Autobahnen mit solarem Dach
- Energieautarke Tiny Houses
- Solarstrom direkt von der Straße
- Solarfolie ermöglicht neue Orte der Stromerzeugung
- Indoor-Photovoltaik für IoT Sensoren
- Die All-in-One Solarblume
- Blockchain im Handel mit Solarstrom
- Höhere Wirkungsgrade durch Mehrfachsolarzellen
- Moderne Kunst mit Solarmodulen
- Organische Photovoltaikzellen auf flexiblen Folie
- StudentInnen-Wettbewerb Solar Decathlon für solares Bauen
- Schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke
- PPA statt Förderung für große Photovoltaik-Kraftwerke
- Photovoltaik und landwirtschaftliche Nutzung auf gleicher Fläche möglich
- Solarmodule für den Balkon
- Entwicklung geht weiter und solarer Mieterstrom bleibt im Trend
1. Faltbare Solarmodule
Einfach in den Campervan springen, gemeinsam mit den Liebsten ans nächste Meer fahren und dort abseits der Zivilisation in Ruhe ausspannen. Ein Traum, den viele Menschen teilen. Leider endet er oft schon bei den ersten Planungsschritten. Schnell merkt man: Ganz ohne Strom könnte es etwas ungemütlich werden.
Selbst produzierter solarer Strom bietet hierfür eine hervorragende Lösung. Er ist nachhaltig, kostenlos und stammt, anders als Autobatterien, aus einer unerschöpflichen Quelle. Doch die Installation auf einem Wohnwagen ist nicht nur sehr aufwendig, sondern auch kostenintensiv. So entscheiden sich Viele gegen die Photovoltaik.
Dem will ein neuer Trend nun entgegenwirken: Faltbare Solarmodule werden nicht nur in der Tiny-House-Community immer beliebter. Sie können ohne großen Umbau einfach in den Kofferraum gepackt und überall mit hingenommen werden. Das Beste: Da die Module nirgendwo fest installiert werden, können sie immer perfekt zur Sonne ausgerichtet werden. So ist ein idealer Ertrag stets garantiert!
Außerdem ist kein großer Umbau nötig. Anders als bei einer fest installierten PV-Anlage müssen keine Löcher in das Fahrzeug gebohrt werden — so kann das Auto hinterher wieder einwandfrei verkauft werden. Durchschnittlich wiegen die mobilen Module zwischen 2,5 und 5 Kilogramm und sind so für jede Fahrklasse vertretbar. Aufstellbare Solaranlagen bieten also eine echte Alternative, wenn es um nachhaltige Autarkie geht.
2. Blaue Straßen — Autobahnen mit solarem Dach
Mit 12.993 Kilometern Strecke ist das deutsche Autobahnnetz das viertlängste der Welt. Grund genug, sich dem sekundären Nutzen dieser gigantischen Flächen zu widmen. Die österreichische Forscher*innengruppe “Austrian Institute of Technology” untersucht derzeit die Möglichkeit, sogenannte Solar-Carports über Autobahnen zu bauen. Für die Bedeckung wollen die Forscher*innen lichtdurchlässige Module verwenden. Diese sind zwar etwas weniger effizient, gewährleisten aber, dass Autofahrer*innen künftig nicht im Dunklen fahren. Der Vorteil: Der Aufbau erfolgt auf bereits genutzter Fläche und vermeidet zusätzliche Versiegelung von Böden. Fünf Prozent des deutschen Bodens sind mit Verkehrsfläche bedeckt. Dieser Anteil birgt enormes Potential zur zusätzlichen solaren Stromerzeugung.
Ganz unkompliziert ist die Umsetzung dennoch nicht. Die Module über der Autobahn können nicht immer ideal zur Sonne ausgerichtet werden. Damit ist der Ertrag der einzelnen Module stark vom Standort abhängig. “Nicht alle Standorte sind ideal, man erzeugt aber auch an vielen vergleichsweise schlechten Abschnitten genügend Energie, damit sich die Anlage irgendwann lohnt.” erklärte der Forscher des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme, Heinrich, gegenüber Spiegel. Auf den 337 Quadratkilometern, die sich aus dem Autobahnnetz ergeben, würden sich pro Jahr 41,5 Terawattstunden Strom erzeugen lassen — damit ließe sich knapp ein Drittel des Bedarfs für private Haushalte decken.
Nicht ganz absehbar sind bisher die Kosten. Neben den Gerüsten und den Instandhaltungskosten müssen nämlich auch noch die Nebenwirkungen beachtet werden. So brauchen Autobahnen den Regen und die dadurch entstehenden Sprühfahnen der Autos um ihre Griffigkeit zu behalten. Überdachte Autobahnen brauchen also regelmäßige Reinigung, um den Erhalt zu sichern. Auch das sind Kosten, die bei der Planung beachtet werden müssen. Heinrichs Alternativvorschlag daher: Lärmschutzwände mit Solarmodulen versehen. Diese müssen ohnehin gebaut werden und brauchen keine zusätzlichen Stützen. Es bleibt also spannend, wohin uns die Reise der energieerzeugenden Autobahn noch führt.
3. Energieautarke Tiny Houses
Wer kennt ihn nicht: Peter Lustig und sein wohl berühmtestes Tiny House Deutschlands aus der Kindersendung “Löwenzahn.” Doch nicht nur sein beliebter Bauwagen führte dazu, dass sich immer mehr Menschen für ein Leben im kleinen Stil entscheiden. Ursprünglich kostenmotiviert in den USA entstanden, zieht die Bewegung mittlerweile viele Menschen an, die sich aus Gründen der Nachhaltigkeit für ein Leben im Tiny House entscheiden. Energieautark und klimaneutral leben — für viele ein Traum. Immer beliebter wird dabei die Integration einer Photovoltaikanlage.
Doch mit ein paar Solarmodulen auf dem Dach ist es mit dem energieautarken Leben noch nicht getan.
Ob eine PV-Anlage den Energiebedarf eines Tiny Houses decken kann, hängt zum einen vom individuellen Energieverbrauch ab. Hier gilt es, sich zu reduzieren und auf möglichst energieeffiziente Geräte wie LED-Lampen zurückzugreifen. Aber auch der Standort und die damit verbundene Sonneneinstrahlung, sowie die Größe der Anlage und die eigenen finanziellen Mittel spielen eine wichtige Rolle. Denn die Dachflächen von Tiny Houses sind konstruktionsbedingt sehr klein, was die Möglichkeiten beim Bau schnell an ihre Grenzen bringt.
Darüber hinaus ist ein Speicher notwendig, der den nicht verbrauchten Strom zwischenspeichert und damit an weniger sonnigen Tagen den Bedarf deckt. Diese bringen jedoch einiges an Gewicht auf die Wage. So wiegt eine 100-Amperestunden-Batterie mitsamt seinem Wechselrichter und dem restlichen Zubehör schnell um die 35 Kilo. Bei einer maximalen Gesamtzulassung von 150 Kilo kann das zu erheblichen Einschränkungen im Interior führen.
Viele Tiny-House-Besitzer*innen entscheiden sich daher für mobile Solarmodule, die sie flexibel in die Sonne legen können.
Wichtig ist auch, das eher ungünstige Verhältnis von Raumvolumen zu Hüllfläche zu beachten. Der Flächenverbrauch liegt bei einem Tiny-House oft 10 mal so hoch, wie in einem Mehrfamilienhaus. Der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser sollte also mindestens genauso viel Aufmerksamkeit erhalten. Ein energieautarkes Tiny House bedarf also einer Menge gründlicher Planung. Diese ist es jedoch wert. Denn wie Studierende des 3. Semesters Umwelttechnik und Ressourcenmanagement an der HTWG Konstanz erst kürzlich feststellten: Vollständig energieautarkes Leben auf nur 15m² ist möglich.
4. Solarstrom direkt von der Straße
Wer sich mit der Photovoltaik auseinandersetzt, kennt die Schwierigkeiten, die mit der Suche nach einer geeigneten Fläche verbunden sein können. Größe, Ausrichtung und Winkel können den Ertrag schnell unrentabel mindern. Hierfür wurde nun eine besonders innovative Idee entwickelt: Das Berliner Start-Up Solmove bebaut Straßen und Radwege mit Photovoltaik-Anlagen und erschließt sich damit riesige, bisher gänzlich ungenutzten Flächen. Kombiniert wird dabei klassische Photovoltaik mit einer robusten, rutschfesten Glasoberfläche, die so auf horizontalen Flächen verklebt werden kann. Verlegt werden die einzelnen Module über ein Stecksystem.
Im vergangenen Frühjahr schloss das Start-Up einen Vertrag mit der Stadt Erftstadt ab und bebaute einen 95 Meter langen Radweg mit entsprechenden Solarmodulen. Dieser ging jedoch kurz darauf in Flammen auf. Erftstadt kündigte daraufhin den Vertrag und die Solarmodule wurden wieder abgebaut. Der Skandal traf das Unternehmen verhältnismäßig stark. Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne, welche die Entwicklung ihres Konzeptes vorantreiben soll.
5. Solarfolie ermöglicht neue Orte der Stromerzeugung
Solarfolien sind hauchdünne und besonders vielseitige Solarmodule. Sie bestehen aus einer wenige Mikrometer starken Schicht aus Solarzellen, die sich auf einem flexiblen Trägermaterial befinden. Die leistungsfähigsten Folien sind um die 0,4 Millimeter dick und kommen mit einer Herstellergarantie von bis zu 20 Jahren. In Puncto Stromausbeute erzielen Solarfolien einen Wirkungsgrad von 5 bis 10 Prozent. Laborwerte kommen sogar auf bis zu 20 Prozent, was dem Wirkungsgrad von kristallinen PV-Modulen entspricht. Solarfolien sind in der Herstellung materialschonender und günstiger, sodass der Preis pro erzieltem Watt bei ca. zwei Dritteln des Glasmodulwerts liegt.
Im Gegensatz zu den Glasmodulen ist die Solarfolie außerdem leicht im Transport, schnell montiert und vor allem flexibel einsetzbar. So sind vielfältige Montageorte an Gebäudeteilen möglich, wo sich Glasmodule nicht realisieren lassen. Durch diese Technik können nicht mehr nur Dächer, sondern auch viele andere, von der Sonne beschienen Teile, Strom produzieren. Die Solarfolie ist in unterschiedlichen Farben erhältlich und mit transparenten Modellen lassen sich ganze Fensterfronten verkleiden, wodurch sie ihre noch geringere Effizienz wett macht.
Mögliche Installationsorte für die Solarfolie sind u.a.
- Fenster
- Glasfronten
- Fassaden
- Sonnenschutzdächer
- Dächer mit geringer Tragkraft
- Unregelmäßige Oberflächen
- Fahrzeugdächer
Die Solarfolie ist somit eine Technologie, die es ermöglicht, weitere Potenziale für sauberen Strom aus Photovoltaik zu eröffnen und so die solare Gesamtstromproduktion zu steigern.
6. Indoor-Photovoltaik für IoT Sensoren
Als Internet of Things (IoT, dt. Internet der Dinge) bezeichnet man ein Netzwerk von über das Internet verbundenen Objekten, das mit der Hilfe eingebauter Sensoren Daten sammeln und tauschen kann. Die Schnittstelle zwischen Nutzer*innen und den zahlreichen Objekten im IoT sind MEMS-Sensoren (mikroelektromechanische Systeme). Indem die komplexe Umgebung um die Verbraucher*in herum vernetzt wird, gewinnt diese einen Nutzen.
IoT Sensoren sind ständig eingeschaltet, um auf sinnvolle Informationen zu warten, und entscheiden dabei selbst, welche Daten in die Cloud übertragen werden. Hier hilft die integrierte Verarbeitungsfunktion dem Sensor zu entscheiden, welche Daten überflüssig sind und verworfen werden können. So ist ein sparsamer Umgang mit Systemressourcen gesichert. Im Gegensatz zu Offline-Systemen besteht bei Nutzung des IoT jedoch Gefahr durch Hackerangriffe.
Da die Sensoren immer eingeschaltet sind, benötigen sie eine dauerhafte Stromversorgung. Aus diesem Grund hat das schwedische Unternehmen Epishine eine Technologie entwickelt, bei der Strom aus Lichtquellen innerhalb des Hauses erzeugt werden kann. Die sogenannten kleinen Solarzellen können auch bei widrigen Verhältnissen ab 10 Lux Licht aufnehmen. Die gewonnene Energie wird dann verwendet, um IoT Sensoren zu versorgen. Statt auf Batterien, setzt dieses System auf einen leistungsfähigen elektrochemischen Superkondensator, welcher schnell ge- und entladen werden kann. Durch diese Technologie werden klimaschädliche Batterien vermieden und Strom kann effektiver genutzt werden, was zu einer Kostenreduktion für die Nutzer*innen führt. Die Technologie vermeidet auch einen aufwändigen Tausch von Batterien für eine Stromversorgung der Sensoren.
7. Die All-in-One Solarblume
Sonnenblumen und ihre Strategie zur optimalen Umwandlung von Sonnenstrahlen in Energie, dienten als Inspiration, eine mechanische Blume mit photovoltaikbesetzten Blättern zu entwickeln.
Die Smartflower™ vor der FH Kufstein, Quelle: SmartFlower Solar GmbH
Wie eine natürliche Blume entfaltet sie sich am Morgen bei Sonnenaufgang und richtet ihre 18 m² große Solarfläche im 90° Winkel nach der Sonne aus. Zwei Achsen ermöglichen der Solarblume ihre Fächer dem täglichen Verlauf der Sonne zu folgen und somit länger als fest installierte PV-Anlagen Strom zu produzieren. Laut Hersteller ist sie dadurch bis zu 40 Prozent effizienter als herkömmliche PV-Anlagen. Außerdem reinigt sie sich bei jedem Öffnen und Schließen durch angebrachte Bürsten selbst und reduziert dadurch den Aufwand ihrer Instandhaltung. Bald werden auch Versionen mit integriertem Speicher und Lademöglichkeit für E‑Autos erhältlich sein.
Die für ihren Betrieb benötigte Energie wird von der Solarblume durch ihre, im Vergleich mit herkömmlichen PV-Anlagen deutlich höhere Leistung, mehr als kompensiert. Jedoch birgt komplexere Technik immer auch mehr Risiken für Störungen. Außerdem benötigt die Solarblume eine unverschattete Freifläche von 25 m², und ist somit keine Lösung, um auch dicht besiedelte Gebiete mit Solarstrom zu versorgen.
Dennoch sind ihre Ästhetik und Effizienz Argumente für die Solarblume. Sie ist schön anzusehen und erregt mit ihrer Präsenz Aufmerksamkeit. So können Solarblumen-BesitzerInnen ein sichtbares Statement für den Klimaschutz setzen und begeistern gleichzeitig für die Nutzung von Photovoltaik.
8. Blockchain im Handel mit Solarstrom
Blockchain ist ein dezentrales System, das Möglichkeiten eröffnet, zu relativ geringen Kosten Transaktionen fälschungssicher zu verifizieren und finanziell abzuwickeln. Vereinfacht handelt es sich um eine Datenbank mit einer beliebigen Anzahl von Datensätzen (“blocks”), die miteinander verschlüsselt-verkettet (“chain”) sind. So lohnt es sich auch kleine Mengen zu handeln, was für den sich im Laufe der Energiewende weiter dezentralisierenden Markt nötig ist.
Kritiker bemängeln jedoch die geringe Effizienz der langen Datenketten, obgleich eine Energie-Blockchain privat ist und somit nur eine geringe Anzahl von Rechnern beteiligt ist.
Des Weiteren ist die Versorgungssicherheit ein offenes Problem: Wenn eine Transaktion nicht sofort in einen Block aufgenommen und verifiziert wird, sind Versorgungsprobleme zu befürchten. Ebenso ist das Volumen der verifizierbaren Transaktionen begrenzt: Würde man alle Zählpunkte mit der Blockchain verbinden, würden so viele Transaktionen anfallen, dass man die Vorteile der Blockchain in Bezug auf Schnelligkeit nicht ausschöpfen könnte.
Ein Beispiel der erfolgreichen Anwendung von Blockchain ist das Schweizer Projekt Quartierstrom. In diesem Testprojekt haben sich 37 Haushalte mit Photovoltaikanlagen zusammengeschlossen, um ihren selbst produzierten Solarstrom untereinander zu handeln, und so optimal zu nutzen. Jeder Haushalt erhielt hierfür ein erweitertes Smart Meter, welches Stromverbrauch und ‑produktion misst und als Schnittstelle zur Blockchain agiert. Per App schließen die Nutzer Smart Contracts ab, in welchen sie den minimalen Verkaufspreis ihres Solarstroms und den maximalen Einkaufspreis für Solarstrom des Nachbarns, selbst festlegen können. Ultimativ konnte durch Blockchain 27 Prozent mehr Solarstrom lokal genutzt werden. Der Stromverbrauch der Rechner für die Blockchain lag bei 4 Prozent des gesamten lokal gehandelten Stroms. Ein Nachfolgeprojekt läuft bereits, insbesondere um ein wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell für lokale Strommärkte zu entwickeln.
Blockchain hat das Potenzial, unser Energiesystem durch eine dezentralere und kleinteiligere Versorgung zu revolutionieren. Es bleiben jedoch offene Fragen, insbesondere zur Skalierbarkeit von Pilotprojekten.
9. Höhere Wirkungsgrade durch Mehrfachsolarzellen
Bisher ist es üblich Solarmodule einzusetzen, die aus einer einzelnen Schicht von Solarzellen bestehen. Ihr Wirkungsgrad ist jedoch physikalisch begrenzt. Durch die Nutzung mehrerer übereinander liegenden Schichten können künftig höhere Wirkungsgrade erzielt werden. Denn in der Forschung sind Mehrfachsolarzellen schon seit längerer Zeit ein großes Thema. Die Mehrfachsolarzellen bestehen aus übereinander angeordneten Lagen von Solarzellen, bei zwei Lagen spricht man von Tandemsolarzellen.
Die obere Solarzelle absorbiert auftreffendes Licht mit einer kurzen Wellenlänge und lässt Licht mit einer größeren Wellenlänge durch. Auf der unteren Solarzelle wird dann das langwellige Licht absorbiert und in elektrische Energie umgewandelt. Verwendet man drei oder vier Schichten übereinander, sind Wirkungsgrade von weit über 30 Prozent möglich. Im Labor konnten ForscherInnen des Fraunhofer ISE für monolithische Mehrfachsolarzellen einen Wirkungsgrad von 34,1 Prozent erzielen. ForscherInnen des US-Energieministeriums konnten mit einer sechsfachen Solarzelle einen Wirkungsgrad von 39,2 Prozent erreichen, unter konzentrierter Bestrahlung sogar 47,1 Prozent.
Dreifachsolarzellen aus III-V-Halbleitern und Silicium haben das Potenzial,
die Photovoltaik auf ein neues Effizienzniveau zu heben. Foto: Fraunhofer ISE
Für einen großflächigen Einsatz dieser Technologie auf Dachflächen sind die Kosten derzeit noch zu hoch. Die ForscherInnen arbeiten momentan an Prozessen für eine kostengünstigere Herstellung. Denkbar ist aber auch eine Verwendung der effizienten Technologie in anderen Gebieten, wie z.B. für die Integration im Dach von Elektrofahrzeugen.
10. Moderne Kunst mit Solarmodulen
Solarenergie ist mehr als nur die analytische Betrachtung von technischen Leistungsdaten. Schließlich sollen die Module künftig überall verbaut werden und damit an allen Orten sichtbar sein. Damit entstehen auch neue Wege zur Nutzung der Module, um z.B. die Akzeptanz zu steigern.
Eine Möglichkeit hat das Schweizer Forschungsinstitut CSEM entwickelt. Sie bedrucken Solarmodule mit hochauflösenden Fotos und können damit stromerzeugende Kunstwerke herstellen. Diese haben sie erstmals für eine Ausstellung der Banque Cantonale Neuchâteloise produziert. Mit der Technologie entstehen neue Möglichkeiten zur Integration von Solarmodulen in die Architektur, bei denen die Gestaltung im Vordergrund steht.
Druck eines Fotos auf einer dünnen Folie zur Integration in das Solarmodul, Quelle: CSEM
Einen anderen Weg Solarmodule und moderne Kunst zu verbinden geht die “Solar Panel Art Series”. Seit 2016 gestalten KünstlerInnen ausgediente Solarmodule für Ausstellungen weltweit. Die einzelnen Werke werden in Auktionen versteigert und der erzielte Erlös kommt der Little Sun Foundation zugute. Diese kümmert sich um Bildungsprojekte im globalen Süden und in Krisenregionen, indem sie mit Solarenergie erzeugtes Licht zu den Menschen bringt, die es am meisten brauchen. Damit schafft es die “Solar Panel Art Series” eine Brücke zu bauen zwischen Technologie, Kunst und sozialem Bewusstsein.
11. Organische Photovoltaikzellen auf flexiblen Folien
Eine völlig andere Technik als die klassischen Solarzellen, die auf Silizium basieren, sind die organische Photovoltaikzellen. Das Funktionsprinzip dieser Technologie ist ähnlich wie bei kristallinen Zellen, das Material und die Herstellung sind jedoch völlig unterschiedlich. Bei der organischen Photovoltaik kommen organische Moleküle, also Kohlenwasserstoff-Verbindungen zum Einsatz. Diese sind so dünn, dass sie auf flexible Folien aufgedruckt werden können, wodurch nur noch ein sehr geringer Materialeinsatz notwendig ist. In Verbindung mit einfacheren Produktionsprozessen ist eine Herstellung mit geringeren Kosten möglich. Allerdings ist der Wirkungsgrad in der organischen Photovoltaik mit ca. 10 Prozent noch deutlich geringer als bei klassischen Solarmodulen, die einen Wirkungsgrad von rund 20 Prozent haben. Auch die Lebensdauer von organischen Solarmodule ist geringer als von kristallinen Modulen.
Für die flexiblen organischen Solarzellen erschließen sich allerdings völlig neue Anwendungsmöglichkeiten, wie der Einsatz an Fassaden, Bauteilen oder in Textilien. Die Folien können auf verschiedene Materialien geklebt werden, wie auf ein Autodach oder eine Jacke, um z.B. unterwegs Strom gewinnen zu können.
Eine weitere Anwendung der organischen Photovoltaik ist die Stromversorgung für Sensoren im Internet der Dinge (IoT). Die Sensoren benötigen nur wenig Strom, der sich auch in Innenräumen mit Solarzellen der organischen Photovoltaik erzeugen lässt. Für die Solarzellen reicht bereits eine geringe Beleuchtungsstärke aus. Damit arbeiten diese Sensoren autark und benötigen keine Batterien mit umweltschädlichen Materialien, die regelmäßig gewechselt werden müssen.
12. StudentInnen-Wettbewerb Solar Decathlon für solares Bauen
Bereits seit 2002 gibt es den Wettbewerb Solar Decathlon, bei dem interdisziplinäre studentische Teams energieautarke Gebäude entwerfen und bauen. Ihre Ideen konkurrieren in zehn Disziplinen in einem solaren Zehnkampf (Decathlon) miteinander. Die Idee des Wettbewerbs hat ihren Ursprung in den USA, mit einer Auslobung durch das US-Energieministerium und findet seit 2005 alle zwei Jahre statt. Es geht darum die Verantwortung für Energieeffizienz, die Schonung der natürlichen Ressourcen und die Verbreitung von Wissen und Kompetenz im Bereich nachhaltiger Architektur zu fördern.
In 2007 und 2009 gewann jeweils ein Team der TU Darmstadt den Wettbewerb. Die Jury war 2007 insbesondere begeistert von der Integration der Photovoltaik-Anlage und der Energiebilanz des Gebäudes. 2009 konnten sie mit einem Plusenergie-Haus mit Solarmodulen auf allen Oberflächen der Fassade überzeugen.
Teilnehmer und Häuser des Solar Decathlon Europe 2014, Foto: Solar Decathlon Europe
Seit 2010 gibt es auch einen Solar Decathlon Wettbewerb in Europa, der in europäischen Orten ausgetragen wird. Wie in den USA planen die Studierenden die Gebäude und bauen sie am Wettbewerbsort vollständig auf. Eine international besetzte Jury bewertet die Gebäude und überprüft durch Messungen ihre Leistungsfähigkeit. Bei der dritten Austragung 2014 in Paris erreichte ein Team der TU Berlin mit ihrem Projekt “Rooftop” den vierten Platz. Dieser Entwurf einer Aufdachwohnung lässt sich auf Dachflächen bestehender Gebäude realisieren, versorgt sich selbst mit Energie und erzeugt so viel Strom, dass ein Teil des Energiebedarfs der darunter liegenden Wohnungen gedeckt werden kann.
2021 findet die fünfte Ausgabe des Solar Decathlon Europa in Wuppertal mit 18 Teams aus elf Ländern statt. Die besondere Herausforderung wird für die Teams sein, Lösungen für Energiewende und Klimaschutz in städtischen Quartieren zu finden.
13. Schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke
Nachdem zu Beginn des Jahres 2019 die ersten schwimmenden Photovoltaik-Anlagen aus China zu sehen waren, wurden anschließend die ersten Anlagen in Deutschland gebaut. Ihr großer Vorteil ist die geringe Verschattung und die gleichzeitige Kühlung durch das Wasser. Durch die schwimmende Unterkonstruktion stehen den höheren Erträgen allerdings auch höhere Kosten gegenüber. Mögliche Standorte für die Floating-PV sind insbesondere stillgelegte Baggerseen und Tagebauflächen. Damit erhalten diese Flächen eine neue sinnvolle Nutzung für die klimafreundliche Energieerzeugung.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE schätzt das wirtschaftlich nutzbare Potenzial für PV-Anlagen auf Braunkohle-Tagebauseen in Deutschland auf 2,74 GWp — das technische Potential wird auf 56 GWp geschätzt. Ein weiterer Vorteil dieser Anlagen liegt darin, dass die notwendige Infrastruktur, wie Stromleitungen, Zähler und Verteiler, bereits vorhanden ist. Hinzu kommt, dass diese Flächen nicht anderweitig genutzt werden können, wie bei Baggerseen.
14. PPA statt Förderung für große Photovoltaik-Kraftwerke
Für PV-Aufdachanlagen spielt die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz noch eine bedeutende Rolle. Bei großen Freiflächenanlagen sind die Preise jedoch mittlerweile so weit gesunken, dass es in Deutschland bereits erste Solarkraftwerke ohne Förderung gibt. Bei diesen Kraftwerken schließen Projektentwicklung bzw. InvestorInnen mit großen Stromabnehmern Lieferverträge über einen langen Zeitraum ab; sogenannte Power-Purchase-Agreements (PPA).
Für die ProjektentwicklerInnen sind diese Stromlieferverträge ein neuer Weg der Stromvermarktung außerhalb des gesetzlichen Förderrahmens. Auf der anderen Seite haben die AbnehmerInnen des Stroms einen sicheren Strompreis für einen langen Zeitraum und schützen sich damit vor einem Anstieg der Strompreise. Zudem haben sie einen sicheren Herkunftsnachweis für den Strom, im Gegensatz zum EEG geförderten Strom, der über die Strombörse verkauft wird.
15. Photovoltaik und landwirtschaftliche Nutzung auf gleicher Fläche möglich
Photovoltaik-Freiflächenanlagen wird häufig vorgeworfen in Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung zu stehen. Seit einiger Zeit lassen sich Landwirtschaft und Stromerzeugung auf derselben Fläche aber auch kombinieren. In einem Forschungsprojekt des Fraunhofer-Institutes für Solare Energiesysteme zur Agrophotovoltaik wurden z.B. die PV-Module so angebracht, dass die Fläche darunter weiter nutzbar und von landwirtschaftlichen Maschinen befahrbar ist.
Grafik: Landnutzungseffizienz der Agrophotovoltaik, Quelle: Fraunhofer ISE
Die Landnutzung konnte um ganze 60 Prozent gesteigert werden, wobei der landwirtschaftliche Ertrag marginal geringer ausgefallen ist. Der Abstand der Modulreihen war größer als üblich damit die Nutzpflanzen genügend Sonnenstrahlen erhalten. Durch die Nutzung von sogenannten bifazialen Solarmodulen konnte der solare Ertrag im Vergleich zu anderen Modultypen erhöht werden. Bei diesen Modulen sind die Solarzellen auf der Vorder- und Rückseite angebracht, so können sie zusätzlich die reflektierte Strahlung nutzen.
Ein anderes Konzept der Agrophotovoltaik arbeitet ebenfalls mit bifazialen Solarmodulen. Diese werden jedoch senkrecht in Ost-West-Richtung angeordnet. Durch die senkrechte Montage erzeugen diese Module überwiegend am Morgen und Abend Strom, im Gegensatz zur Süd-Ausrichtung mit einer Mittagsspitze. Zwischen den Modulreihen ist für unterschiedliche Arten der landwirtschaftlichen Nutzung ausreichend Platz vorhanden.
16. Solarmodule für den Balkon
Viele Menschen wollen ihren Strom selbst mit Solarenergie erzeugen und unabhängiger von Energieversorgern werden. Für MieterInnen in Wohngebäuden ohne Mieterstrom-Angebot gibt es beispielsweise die Möglichkeit einzelne Solarmodule am Balkongeländer anzubringen.
Für diesen Zweck sind spezielle Solarmodule mit integriertem Wechselrichter und Stecker erhältlich. Dieser Stecker wird in die Steckdose gesetzt, wie bei anderen elektrischen Geräten. Der erzeugte Strom darf nur für den Eigenbedarf genutzt werden, nicht aber für die Einspeisung ins Stromnetz. Konkret heißt das: der Strom fließt vom Solarmodul über den Wechselrichter in die Steckdose am Balkon und von dort zu den Verbrauchsgeräten im Haus, wie Kühlschrank und Waschmaschine.
Hilfreiche Informationen gibt es bei der Verbraucherzentrale NRW und beim DGS-Portal für steckbare Solartechnik.
17. Entwicklung geht weiter und solarer Mieterstrom bleibt im Trend
Diese Beispiele zeigen, dass die Entwicklung der Photovoltaik weiter geht. Fortschritte in Technologie und Wirtschaftlichkeit ermöglichen zahlreiche neue Einsatzgebiete für die solare Stromerzeugung. So lässt sich die Liste der Trend-Themen in der Photovoltaik mit weiteren Beispielen lange fortsetzen. Dabei bleibt solarer Mieterstrom weiterhin im Trend, als sinnvolle Möglichkeit die Energiewende in Städte und Kommunen zu bringen, sowie um MieterInnen von hohen Stromkosten zu entlasten.