War 2019 ein Wendepunkt

in der deut­schen Energie- und Klimapolitik?

Die ver­gan­ge­nen zwölf Monate waren von vie­len Debatten und Demonstrationen für den Klimaschutz bestimmt, die im Jahr 2020 erste Wirkung zei­gen könn­ten. 2019 war der Photovoltaik-Markt wie­der auf Wachstumskurs und hat sich dem Förderdeckel ange­nä­hert. Im Gebäudesektor ist das lange ersehn­te Gebäudeenergiegesetz auf dem Weg, lässt aber bis­her eini­ges an Ehrgeiz ver­mis­sen. Das ist, im Vergleich zu den Vorjahren, eine Menge an Bewegung.

Dennoch wird der Druck hoch blei­ben und die Bewegung wei­ter gehen müs­sen, um wirk­sa­men Klimaschutz sicher­zu­stel­len. Damit sind auch bereits die Themen für 2020 gesetzt. Da wäre der Abbau von regu­la­to­ri­schen Hürden für erneu­er­ba­re Energien, den Ausstieg aus der Braunkohle auf den Weg zu brin­gen und ein Gebäudeenergiegesetz mit Wirkung für den Klimaschutz zu verabschieden.

Wir wer­fen einen Blick zurück in das poli­ti­sche Jahr 2019:

  1. Steigender öffent­li­cher Druck im Klimaschutz
  2. Politische Bewegung im Klimaschutz
  3. Photovoltaik 2019 wie­der auf Wachstumskurs
  4. Nachhaltiges Bauen ergänzt mit Photovoltaikanlage
  5. Fazit

1. Steigender öffentlicher Druck im Klimaschutz

Das Jahr 2019 war gekenn­zeich­net von einer welt­weit wach­sen­den Klimaschutz-Bewegung. In ganz Deutschland und in vie­len wei­te­ren Ländern strei­ken jeden Freitag Schülerinnen und Schüler für bes­se­re Maßnahmen zum Klimaschutz. Sie set­zen sich dafür ein, die Ziele des Pariser Klimaabkommens ein­zu­hal­ten und die glo­ba­le Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begren­zen. Dafür wol­len sie so lange wei­ter strei­ken bis die Politik han­delt, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Fachliche Unterstützung erfah­ren die Schüler*innen in Deutschland von 26.800 Wissenschaftler*innen, die sich in der Initiative Scientists for Future zusam­men­ge­schlos­sen haben. Sie unter­stüt­zen die Argumentation der strei­ken­den Schüler*innen mit ihren wis­sen­schaft­li­chen Untersuchungen.

Zu den wei­te­ren Initiativen und Organisationen, die sich hin­ter die Schüler*innen stel­len, gehö­ren auch die Entrepreneurs for Future. Hier haben sich mitt­ler­wei­le mehr als 4.000 Unternehmen orga­ni­siert. Diese brin­gen heute schon den Klimaschutz mit ihrer Arbeit voran und set­zen sich dafür ein, dass die Wirtschaft mit ihren Produkten und Dienstleistungen den Klimaschutz unterstützt.

Der Höhepunkt des Jahres war der drit­te glo­ba­le Klimastreik am 20. September 2019. In ganz Deutschland gin­gen 1,4 Millionen Menschen auf die Straße, allein in Berlin waren es 270.000. So viele Menschen wie noch nie zuvor demons­trier­ten für wirk­sa­me Klimaschutzmaßnahmen. Doch das gleich­zei­tig tagen­de Klimakabinett der Bundesregierung konn­te sich nur auf einen Minimalkompromiss eini­gen, ein “Klimapaket”, das von vie­len Seiten als unzu­rei­chend kri­ti­siert wird.

2. Politische Bewegung im Klimaschutz

Die größ­te Neuerung mit Wirkung für den Klimaschutz ver­kün­de­ten Bund und Länder zum Ende des Jahres . Ab dem Jahr 2021 gibt es einen CO2-Preis für Emissionen aus fos­si­len Energieträgern in den Bereichen Verkehr und Gebäude. Dieser beträgt zunächst 25 Euro pro Tonne und erhöht sich bis 2025 schritt­wei­se auf 55 Euro. Ab 2026 wird der Preis bestimmt durch eine Versteigerung von CO2-Zertifikaten mit einem Preiskorridor zwi­schen 55 und 65 Euro (Quelle: Bundesregierung).

Als Ausgleich für stei­gen­de Preise soll die EEG-Umlage redu­ziert und die Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer zunächst um 5, ab 2024 um 8 Cent pro Kilometer erhöht werden.

Darüber hin­aus sind die Klimaziele der Bundesregierung in einem neuen Klimaschutzgesetz fest­ge­hal­ten. Dieses soll die Einhaltung der natio­na­len Klimaschutzziele sicher­stel­len und die Einhaltung der euro­päi­schen Zielvorgaben gewährleisten.

Ein wei­te­rer Meilenstein des Jahres 2019 war die Einigung in der soge­nann­ten Kohlekommission, die mit vol­lem Namen Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ heißt. Damit konn­ten die betei­lig­ten Akteure einen brei­ten gesell­schaft­li­chen Konsens über die Gestaltung des ener­gie- und kli­ma­po­li­tisch begrün­de­ten Kohleausstiegs, inklu­si­ve Strukturwandel in Deutschland her­stel­len. Die Kommission hat das Ende der Kohleverstromung bis 2038 emp­foh­len und sich mit Wegen für den Strukturwandel in den betrof­fe­nen Regionen beschäftigt.

Für wei­te­re Maßnahmen, die z.B. den Ausbau der erneu­er­ba­ren Energien unter­stüt­zen sol­len, gibt es bis­her nur Absichtserklärungen, jedoch noch keine kon­kre­ten Beschlüsse. Dazu gehö­ren z.B. die Abschaffung oder Anhebung der Obergrenze für die Förderung von Photovoltaikanlagen (52 GW-Deckel) und die Überarbeitung der Förderung von Mieterstrom. Die Notwendigkeit zur Nachbesserung des Mieterstromgesetzes ist spä­tes­tens seit der schwa­chen Bilanz im Mieterstrombericht aus dem September 2019 deutlich.

Bei der Windenergie wer­den mitt­ler­wei­le eher Hindernisse dis­ku­tiert, wie pau­scha­le Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Wohngebäuden. Neue Mittel und Wege, um den Ausbau von Windenergie an Land wie­der zu stär­ken, waren jedoch nicht auf der Tagesordnung des Klimakabinetts. Diese waren Thema einer eige­nen Kommission, die sich mit der Akzeptanz von Windkraft und der Beschleunigung der Genehmigung von Genehmigungsverfahren beschäf­tigt hat.

3. Photovoltaik 2019 wieder auf Wachstumskurs

Von den Diskussionen um den Klimaschutz konn­te die Solarbranche 2019 pro­fi­tie­ren. Zusätzliche haben wei­ter stei­gen­de Strompreise und sin­ken­de Systemkosten die posi­ti­ve Entwicklung begüns­tigt. So zog die Nachfrage nach Solarstromanlagen in 2019 um 30 Prozent an. Bis Ende November 2019 hat die Bundesnetzagentur einen Zubau von Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 3,6 Gigawatt (GW) ermit­telt. 2018 betrug der Photovoltaik-Zubau 3 GW. Unter den neuen PV-Anlagen sind aber nur 12,6 MW, die den Mieterstromzuschlag gemäß dem Mieterstromgesetz in Anspruch neh­men. Damit liegt der Mieterstromausbau deut­lich hin­ter den Erwartungen zurück.

Insgesamt beträgt die instal­lier­te PV-Leistung in Deutschland inzwi­schen knapp 49 Gigawatt. Diese Anlagen haben 2018 etwa 28,4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen ver­mie­den (Quelle: Fraunhofer ISE).

Durch den ange­stie­ge­nen Zubau ist die Grenze für die Zahlung einer fes­ten Einspeisevergütung für neue Photovoltaik-Anlagen bald erreicht. Diese wird, nach aktu­el­lem Stand, bis zu einer instal­lier­ten Leistung von 52 Gigawatt gewährt. Daher plant die Bundesregierung die Erhöhung der Fördergrenze auf 98 Gigawatt, der ent­spre­chen­de Gesetzentwurf befin­det sich jedoch noch in der Ressortabstimmung.

Erfreulich sieht die Entwicklung für erneu­er­ba­re Energien auch bei der Nettostromerzeugung aus. Nach Angaben von Wissenschaftlern des Fraunhofer ISE hat­ten erneu­er­ba­ren Energien in 2019 einen Anteil von 46 Prozent an der Nettostromerzeugung. Im Jahr vor­her waren es noch 40 Prozent. Der Anteil der Solarenergie legte von acht auf neun Prozent leicht zu.

4. Klimaschutz im Gebäudesektor auf dem Weg

Der Gebäudebereich spielt eine wich­ti­ge Rolle im Klimaschutz, denn der Sektor ist für etwa 30 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland ver­ant­wort­lich. Daher ist es not­wen­dig, beson­ders die ener­ge­ti­sche Sanierung des Gebäudebestandes attrak­tiv zu gestal­ten. Zum Jahresende haben sich Bund und Länder nach meh­re­ren Anläufen auf eine steu­er­li­che Förderung von ener­ge­ti­schen Modernisierungsmaßnahmen eini­gen kön­nen. Damit kön­nen Eigentümer von selbst­ge­nutz­ten Immobilien Einzelmaßnahmen der Sanierung von ihrer Steuerschuld abzie­hen und über drei Jahre berücksichtigen. 

Die lange erwar­te­te Neufassung der Anforderungen an die Energieeinsparung von Gebäuden ist vor­an­ge­kom­men. Es gibt einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der noch durch den Bundestag und den Bundesrat muss, bevor er, vor­aus­sicht­lich im Sommer 2020, ver­ab­schie­det wer­den kann. Dieses Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneu­er­ba­rer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden, kurz Gebäudeenergiegesetz, soll bis­he­ri­ge Vorschriften zusam­men­fas­sen und ver­ein­fa­chen. Eine wei­te­re Aufgabe ist die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in natio­na­les Recht. Dabei ist die Festlegung des aktu­el­len ener­ge­ti­schen Standards als Niedrigstenergie-Standard kein Fortschritt für den Klimaschutz, son­dern ledig­lich die Festschreibung des Status quo.

5. Fazit

Das Jahr 2019 hat viel Bewegung in die deut­sche Klimapolitik gebracht, zumin­dest im Vergleich zu den Vorjahren. Notwendig wären sicher­lich noch viele wei­te­re Maßnahmen und schnel­le­re Entscheidungen. 2020 müs­sen die Wege, die in 2019 ein­ge­schla­gen wur­den, fort­ge­führt wer­den. Der Ausstieg aus der Braunkohle ist noch nicht in tro­cke­nen Tüchern, Solar- und Windenergie ste­hen noch immer vor Hürden, die es abzu­bau­en gilt und der Gebäudesektor muss auf den Weg zu einem ambi­tio­nier­ten Niedrigstenergie-Standard gebracht wer­den. Daher wird der öffent­li­che Druck wei­ter­hin hoch blei­ben, um den ein­ge­schla­ge­nen Weg bei­zu­be­hal­ten und mög­lichst noch zu verstärken.

Interesse an Mieterstrom geweckt?

Interessieren Sie sich für Photovoltaik für Ihre Immobilie? Melden Sie sich gerne bei uns.

Wir geben Ihnen wei­te­re Informationen zum Thema Photovoltaik und dem Potential, wel­ches eine Photovoltaikanlage auf Ihrem Mehrfamilienhaus hat.

Bringen Sie mit uns die Energiewende in die Städte und leis­ten Sie mit uns einen wich­ti­gen Beitrag für eine nach­hal­ti­ge Zukunft!

Erfahrender Energieblogger mit hohem Interesse, die Energiewende mit inno­va­ti­ven Technologien und Geschäftsmodellen vor­an­zu­brin­gen. Experte für Gebäudeenergie mit dem Hintergrund als Dipl.-Ing.(FH) Bauphysik.

Andreas KühlEhemaliger Content-Creator bei SOLARIMOEnergynet-Portal für Energieeffizienz und erneu­er­ba­re Energien

Zuletzt bear­bei­tet: 16.01.2020

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten