Zahlreiche Nichtwohngebäude bieten noch ein großes Potenzial zur Energieeinsparung und Platz für Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Dazu gehören diverse Verwaltungs‑, Gewerbe- und Industriegebäude, wie auch Immobilien im Eigentum der öffentlichen Hand. Auch hier gelten für den Neubau und die Sanierung gewisse energetische Anforderungen. Diese wurden bisher in der Energieeinsparverordnung verankert — künftig stehen sie im Gebäudeenergiegesetz (GEG). Photovoltaikanlagen erhalten bei Wohngebäuden künftig eine stärkere Bedeutung. Welche Rolle PV-Anlagen bei Nichtwohngebäuden im GEG einnehmen, haben wir untersucht und in diesem Artikel zusammengefasst.
- Nichtwohngebäude und ihr Energieverbrauch in Deutschland
- Gebäudeenergiegesetz: Auch für Nichtwohngebäude gültig
- Die Vorbildfunktion von Gebäuden der öffentlichen Hand
- Anrechnung von Solarstrom auf den Primärenergiebedarf — Die technischen Details
- So wird Solarstrom in der Praxis angerechnet
- Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien in Nichtwohngebäuden
- Unser Fazit: Das GEG stärkt Photovoltaik — Auch bei Nichtwohngebäuden
1. Nichtwohngebäude und ihr Energieverbrauch in Deutschland
Nichtwohngebäude stehen bislang wenig im Fokus der Diskussionen zum Klimaschutz. Ihr Anteil ist verhältnismäßig gering: 2,7 Millionen Nichtwohngebäuden bei einem Gebäudebestand von insgesamt 21,7 Millionen in Deutschland. Doch ihr Anteil am Gebäudeenergieverbrauch beträgt ganze 36 Prozent. Denn sie haben eine verhältnismäßig große Fläche pro Gebäude und einen hohen Energieverbrauch pro Quadratmeter (Quelle: dena Gebäudereport Kompakt 2019).
Diese Zahlen zeigen das Potenzial zur Einsparung von Energie und Energiekosten, das in Nichtwohngebäuden steckt. Aufgrund ihrer Größe haben sie darüber hinaus den Vorteil, dass sie viel Platz für den Einsatz von Photovoltaikanlagen bieten. Zusätzlich passt der zeitliche Verlauf des Angebots an Solarstroms vom Dach zum Zeitpunkt des Strombedarfs im Gebäude.
PV-Anlagen bieten in den unterschiedlichsten Nichtwohngebäuden eine innovative Möglichkeit einen wirkungsvollen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Zugleich reduzieren sie die Energiekosten des Unternehmens, der Einrichtung oder der Behörde.
2. Gebäudeenergiegesetz: Auch für Nichtwohngebäude gültig
Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) verbindet die bisherigen Vorschriften aus dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem Gesetz. Es regelt die Energieeffizienz von Gebäuden und den Einsatz von erneuerbaren Energien.
Eines der Ziele des GEG ist die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, die einen Niedrigstenergiestandard für alle Neubauten fordert. Sie gilt ab 2021 für alle privatwirtschaftlichen Gebäude und bereits seit 2019 für die öffentlichen Gebäude. Die Umsetzung und genaue Definition legen die Mitgliedsstaaten selbst fest.
Das GEG tritt voraussichtlich ab 01. Oktober 2020 in Kraft und betrifft alle Bauvorhaben, deren Bauantrag ab diesem Zeitpunkt gestellt werden. Neben den Anforderungen für Wohngebäude enthält das GEG eigene energetische Vorgaben für Nichtwohngebäude. Das sind, laut dem GEG, alle Gebäude, die nicht zu Wohnzwecken dienen und beheizt werden.
3. Die Vorbildfunktion von Gebäuden der öffentlichen Hand
Gebäude der öffentlichen Hand haben eine Vorbildwirkung für die Öffentlichkeit. Daher legt § 4 des GEG fest, dass bei einem Neubau oder einer grundlegenden Renovierung von Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand, der Einsatz von Solarenergie zu prüfen ist. Dies bedeutet, dass die Planung eine Prüfung enthalten muss, ob Photovoltaik- oder Solarthermie zum Einsatz kommen kann.
Die Erfüllung dieser Vorbildfunktion soll künftig zum Bestandteil des Klimaschutzberichtes der Bundesregierung werden.
4. Anrechnung von Solarstrom auf den Primärenergiebedarf — Die technischen Details
Bei Nichtwohngebäuden verhält es sich ähnlich wie bei Wohngebäuden. Nach §23 des GEG kann auch hier eine Photovoltaikanlage den errechneten Jahres-Primärenergiebedarf reduzieren. Der Strom muss, damit er angerechnet werden darf, im unmittelbar räumlichen Zusammenhang zum Gebäude erzeugt werden. Weiterhin ist eine vorrangige Nutzung des Stroms im Gebäude nach Erzeugung oder vorübergehender Speicherung vorgesehen. Nur die überschüssige Strommenge darf in das öffentliche Netz eingespeist werden.
Der Abzug vom Jahres-Primärenergiebedarf beträgt bei Nichtwohngebäuden 150 kWh je Kilowatt installierter Nennleistung. Hinzu kommt ab einer Anlagengröße von 0,01 Kilowatt Nennleistung je Quadratmeter Nettogrundfläche ein Abzug des 0,7‑fachen vom jährlichen absoluten elektrischen Endenergiebedarfs der Anlagentechnik. Es dürfen jedoch maximal 30 Prozent des errechneten Jahres-Primärenergiebedarfs vom Referenzgebäude nach § 18 abgezogen werden. Gleichzeitig darf der Abzug höchstens das 1,8‑fache des bilanzierten endenergetischen Jahresertrags der Anlage betragen.
Bei Nutzung eines Batteriespeichers von mind. 1 kWh Nennkapazität je kW installierter Nennleistung, erhöht sich der Abzug vom Jahres-Primärenergiebedarf auf 200 kWh je kW installierter Nennleistung. Zusätzlich darf ab einer Anlagengröße von 0,01 Kilowatt Nennleistung je Quadratmeter Nettogrundfläche das 1,0‑fache des jährlichen absoluten elektrischen Endenergiebedarfs der Anlagentechnik abgezogen werden — sprich der komplette elektrische Energiebedarf. Der maximale Abzug beträgt 45 Prozent des Jahres-Primärenergiebedarfs vom Referenzgebäude nach § 18 Absatz 1 und gleichzeitig insgesamt höchstens das 1,8‑fache des bilanzierten endenergetischen Jahresertrags der Anlage.
Ist in einem neuen Nichtwohngebäude die Nutzung von Strom für Lüftung, Kühlung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung höher als der Energiebedarf für die Beheizung, muss der monatliche Ertrag der Photovoltaikanlage dem tatsächlichen Strombedarf gegenübergestellt werden. Die Berechnung des monatlichen Ertrags erfolgt nach DIN V 18599:2018–09 unter Verwendung der mittleren monatlichen Strahlungsintensitäten der Referenzklimazone Potsdam nach DIN V 18599–10: 2018-09 Anhang E, sowie der Standardwerte zur Ermittlung der Nennleistung des Photovoltaikmoduls nach DIN V 18599–9: 2018-09 Anhang B. Sprich, der Ertrag errechnet sich für einen festgelegten Ort, mit normierten Standardwerten, die nichts mit den realen Leistungsdaten zu tun haben.
5. So wird Solarstrom in der Praxis angerechnet
Anschaulicher wird die Anrechnung des Solarstroms durch ein kleines Beispiel mit Zahlen für den Neubau eines Gebäudes für ein KMU. Die Nettogrundfläche beträgt 2.000 m² und das Dach erhält eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 120 kWp.
Dies bedeutet, dass 18.000 kWh (150 kWh/kWp * 120 kWp) vom errechneten Jahres-Primärenergiebedarf abgezogen werden dürfen, sofern dieser nicht mehr als 30 Prozent des errechneten Wertes ist.
Da die Anlagengröße das 0,01-fache der Nettogrundfläche in kW, in dem Fall 20 kW (2.000 kW * 0,01), übersteigt, dürfen zusätzlich 70 Prozent des elektrischen Endenergiebedarfs für die Anlagentechnik abgezogen werden. Hat das Unternehmen einen elektrischen Endenergiebedarf für die Anlagentechnik von 100.000 kWh, dann dürfen weitere 70.000 kWh, abgezogen werden. Der Strombedarf für die Anlagentechnik wird errechnet nach DIN V 18599 und ist unabhängig vom tatsächlichen Stromverbrauch.
Nutzt das Unternehmen in dem Beispiel einen Batteriespeicher, dann erhöht sich der Abzug von 18.000 auf 30.000 kWh. Der elektrische Endenergiebedarf für die Anlagentechnik kann komplett abgezogen werden. Dabei darf sich der Jahres-Primärenergiebedarf jedoch um nicht mehr als 45 Prozent reduzieren.
6. Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien in Nichtwohngebäuden
Auch für Nichtwohngebäude sieht das Gebäudeenergiegesetz eine Pflicht vor, den Wärme- und Kälteenergiebedarf anteilig mit erneuerbaren Energien zu decken. (§ 34). Diese Anforderung ist erfüllt, wenn der Wärme- und Kälteenergiebedarf zu mindestens 15 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Dies gilt auch für den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien. Soll diese Anforderung mit Strom aus erneuerbaren Energien (§ 36) erfüllt werden, muss dieser daher so eingesetzt werden, dass 15 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs gedeckt werden, z.B. als Antriebsenergie für Wärmepumpen. Die geforderte Nennleistung einer Photovoltaikanlage, in Abhängigkeit von der Grundfläche, gilt nur bei Wohngebäuden.
In den Optionen für die Pflicht zur Nutzung von erneuerbaren Energien in öffentlichen Gebäuden (§ 52) kommt eine Nutzung von Solarstrom nicht vor.
7. Unser Fazit: Das GEG stärkt Photovoltaik — Auch bei Nichtwohngebäuden
Das Gebäudeenergiegesetz stärkt die Bedeutung von Photovoltaikanlagen auch bei Nichtwohngebäuden. Sie können künftig einen deutlichen Teil zur Reduzierung des Jahres-Primärenergiebedarfs beitragen. Eine große Dachfläche macht die Nutzung des Solarstroms noch attraktiver. Denn der Solarstrom leistet auch einen Beitrag zur Erfüllung der ESG-Kriterien für die Immobilie. Spannend wird es zu sehen, welche Lösungen der dezentralen Energieversorgung in Gewerbe und Industrie in Zukunft realisiert werden.