Rolle der Photovoltaik im Gebäudeenergiegesetz

bei Nichtwohngebäuden

Zahlreiche Nichtwohngebäude bie­ten noch ein gro­ßes Potenzial zur Energieeinsparung und Platz für Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Dazu gehö­ren diver­se Verwaltungs‑, Gewerbe- und Industriegebäude, wie auch Immobilien im Eigentum der öffent­li­chen Hand. Auch hier gel­ten für den Neubau und die Sanierung gewis­se ener­ge­ti­sche Anforderungen. Diese wur­den bis­her in der Energieeinsparverordnung ver­an­kert — künf­tig ste­hen sie im Gebäudeenergiegesetz (GEG). Photovoltaikanlagen erhal­ten bei Wohngebäuden künf­tig eine stär­ke­re Bedeutung. Welche Rolle PV-Anlagen bei Nichtwohngebäuden im GEG ein­neh­men, haben wir unter­sucht und in die­sem Artikel zusammengefasst.

  1. Nichtwohngebäude und ihr Energieverbrauch in Deutschland
  2. Gebäudeenergiegesetz: Auch für Nichtwohngebäude gültig
  3. Die Vorbildfunktion von Gebäuden der öffent­li­chen Hand
  4. Anrechnung von Solarstrom auf den Primärenergiebedarf — Die tech­ni­schen Details
  5. So wird Solarstrom in der Praxis angerechnet
  6. Pflicht zur Nutzung erneu­er­ba­rer Energien in Nichtwohngebäuden
  7. Unser Fazit: Das GEG stärkt Photovoltaik — Auch bei Nichtwohngebäuden

1. Nichtwohngebäude und ihr Energieverbrauch in Deutschland

Nichtwohngebäude ste­hen bis­lang wenig im Fokus der Diskussionen zum Klimaschutz. Ihr Anteil ist ver­hält­nis­mä­ßig gering: 2,7 Millionen Nichtwohngebäuden bei einem Gebäudebestand von ins­ge­samt 21,7 Millionen in Deutschland. Doch ihr Anteil am Gebäudeenergieverbrauch beträgt ganze 36 Prozent. Denn sie haben eine ver­hält­nis­mä­ßig große Fläche pro Gebäude und einen hohen Energieverbrauch pro Quadratmeter (Quelle: dena Gebäudereport Kompakt 2019).

Diese Zahlen zei­gen das Potenzial zur Einsparung von Energie und Energiekosten, das in Nichtwohngebäuden steckt. Aufgrund ihrer Größe haben sie dar­über hin­aus den Vorteil, dass sie viel Platz für den Einsatz von Photovoltaikanlagen bie­ten. Zusätzlich passt der zeit­li­che Verlauf des Angebots an Solarstroms vom Dach zum Zeitpunkt des Strombedarfs im Gebäude.

PV-Anlagen bie­ten in den unter­schied­lichs­ten Nichtwohngebäuden eine inno­va­ti­ve Möglichkeit einen wir­kungs­vol­len Beitrag zum Klimaschutz zu leis­ten. Zugleich redu­zie­ren sie die Energiekosten des Unternehmens, der Einrichtung oder der Behörde.

2. Gebäudeenergiegesetz: Auch für Nichtwohngebäude gültig

Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) ver­bin­det die bis­he­ri­gen Vorschriften aus dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem Gesetz. Es regelt die Energieeffizienz von Gebäuden und den Einsatz von erneu­er­ba­ren Energien.

Eines der Ziele des GEG ist die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, die einen Niedrigstenergiestandard für alle Neubauten for­dert. Sie gilt ab 2021 für alle pri­vat­wirt­schaft­li­chen Gebäude und bereits seit 2019 für die öffent­li­chen Gebäude. Die Umsetzung und genaue Definition legen die Mitgliedsstaaten selbst fest.

Das GEG tritt vor­aus­sicht­lich ab 01. Oktober 2020 in Kraft und betrifft alle Bauvorhaben, deren Bauantrag ab die­sem Zeitpunkt gestellt wer­den. Neben den Anforderungen für Wohngebäude ent­hält das GEG eige­ne ener­ge­ti­sche Vorgaben für Nichtwohngebäude. Das sind, laut dem GEG, alle Gebäude, die nicht zu Wohnzwecken die­nen und beheizt werden.

3. Die Vorbildfunktion von Gebäuden der öffentlichen Hand

Gebäude der öffent­li­chen Hand haben eine Vorbildwirkung für die Öffentlichkeit. Daher legt § 4 des GEG fest, dass bei einem Neubau oder einer grund­le­gen­den Renovierung von Nichtwohngebäuden der öffent­li­chen Hand, der Einsatz von Solarenergie zu prü­fen ist. Dies bedeu­tet, dass die Planung eine Prüfung ent­hal­ten muss, ob Photovoltaik- oder Solarthermie zum Einsatz kom­men kann.

Die Erfüllung die­ser Vorbildfunktion soll künf­tig zum Bestandteil des Klimaschutzberichtes der Bundesregierung werden.

4. Anrechnung von Solarstrom auf den Primärenergiebedarf — Die tech­ni­schen Details

Bei Nichtwohngebäuden ver­hält es sich ähn­lich wie bei Wohngebäuden. Nach §23 des GEG kann auch hier eine Photovoltaikanlage den errech­ne­ten Jahres-Primärenergiebedarf redu­zie­ren. Der Strom muss, damit er ange­rech­net wer­den darf, im unmit­tel­bar räum­li­chen Zusammenhang zum Gebäude erzeugt wer­den. Weiterhin ist eine vor­ran­gi­ge Nutzung des Stroms im Gebäude nach Erzeugung oder vor­über­ge­hen­der Speicherung vor­ge­se­hen. Nur die über­schüs­si­ge Strommenge darf in das öffent­li­che Netz ein­ge­speist werden.

Der Abzug vom Jahres-Primärenergiebedarf beträgt bei Nichtwohngebäuden 150 kWh je Kilowatt instal­lier­ter Nennleistung. Hinzu kommt ab einer Anlagengröße von 0,01 Kilowatt Nennleistung je Quadratmeter Nettogrundfläche ein Abzug des 0,7‑fachen vom jähr­li­chen abso­lu­ten elek­tri­schen Endenergiebedarfs der Anlagentechnik. Es dür­fen jedoch maxi­mal 30 Prozent des errech­ne­ten Jahres-Primärenergiebedarfs vom Referenzgebäude nach § 18 abge­zo­gen wer­den. Gleichzeitig darf der Abzug höchs­tens das 1,8‑fache des bilan­zier­ten end­en­er­ge­ti­schen Jahresertrags der Anlage betragen.

Bei Nutzung eines Batteriespeichers von mind. 1 kWh Nennkapazität je kW instal­lier­ter Nennleistung, erhöht sich der Abzug vom Jahres-Primärenergiebedarf auf 200 kWh je kW instal­lier­ter Nennleistung. Zusätzlich darf ab einer Anlagengröße von 0,01 Kilowatt Nennleistung je Quadratmeter Nettogrundfläche das 1,0‑fache des jähr­li­chen abso­lu­ten elek­tri­schen Endenergiebedarfs der Anlagentechnik abge­zo­gen wer­den — sprich der kom­plet­te elek­tri­sche Energiebedarf. Der maxi­ma­le Abzug beträgt 45 Prozent des Jahres-Primärenergiebedarfs vom Referenzgebäude nach § 18 Absatz 1 und gleich­zei­tig ins­ge­samt höchs­tens das 1,8‑fache des bilan­zier­ten end­en­er­ge­ti­schen Jahresertrags der Anlage.

Ist in einem neuen Nichtwohngebäude die Nutzung von Strom für Lüftung, Kühlung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung höher als der Energiebedarf für die Beheizung, muss der monat­li­che Ertrag der Photovoltaikanlage dem tat­säch­li­chen Strombedarf gegen­über­ge­stellt wer­den. Die Berechnung des monat­li­chen Ertrags erfolgt nach DIN V 18599:2018–09 unter Verwendung der mitt­le­ren monat­li­chen Strahlungsintensitäten der Referenzklimazone Potsdam nach DIN V 18599–10: 2018-09 Anhang E, sowie der Standardwerte zur Ermittlung der Nennleistung des Photovoltaikmoduls nach DIN V 18599–9: 2018-09 Anhang B. Sprich, der Ertrag errech­net sich für einen fest­ge­leg­ten Ort, mit nor­mier­ten Standardwerten, die nichts mit den rea­len Leistungsdaten zu tun haben.

5. So wird Solarstrom in der Praxis angerechnet

Anschaulicher wird die Anrechnung des Solarstroms durch ein klei­nes Beispiel mit Zahlen für den Neubau eines Gebäudes für ein KMU. Die Nettogrundfläche beträgt 2.000 m² und das Dach erhält eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 120 kWp.

Dies bedeu­tet, dass 18.000 kWh (150 kWh/kWp * 120 kWp) vom errech­ne­ten Jahres-Primärenergiebedarf abge­zo­gen wer­den dür­fen, sofern die­ser nicht mehr als 30 Prozent des errech­ne­ten Wertes ist.

Da die Anlagengröße das 0,01-fache der Nettogrundfläche in kW, in dem Fall 20 kW (2.000 kW * 0,01), über­steigt, dür­fen zusätz­lich 70 Prozent des elek­tri­schen Endenergiebedarfs für die Anlagentechnik abge­zo­gen wer­den. Hat das Unternehmen einen elek­tri­schen Endenergiebedarf für die Anlagentechnik von 100.000 kWh, dann dür­fen wei­te­re 70.000 kWh, abge­zo­gen wer­den. Der Strombedarf für die Anlagentechnik wird errech­net nach DIN V 18599 und ist unab­hän­gig vom tat­säch­li­chen Stromverbrauch.

Nutzt das Unternehmen in dem Beispiel einen Batteriespeicher, dann erhöht sich der Abzug von 18.000 auf 30.000 kWh. Der elek­tri­sche Endenergiebedarf für die Anlagentechnik kann kom­plett abge­zo­gen wer­den. Dabei darf sich der Jahres-Primärenergiebedarf jedoch um nicht mehr als 45 Prozent reduzieren.

6. Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien in Nichtwohngebäuden

Auch für Nichtwohngebäude sieht das Gebäudeenergiegesetz eine Pflicht vor, den Wärme- und Kälteenergiebedarf antei­lig mit erneu­er­ba­ren Energien zu decken. (§ 34). Diese Anforderung ist erfüllt, wenn der Wärme- und Kälteenergiebedarf zu min­des­tens 15 Prozent durch erneu­er­ba­re Energien gedeckt wird. Dies gilt auch für den Einsatz von Strom aus erneu­er­ba­ren Energien. Soll diese Anforderung mit Strom aus erneu­er­ba­ren Energien (§ 36) erfüllt wer­den, muss die­ser daher so ein­ge­setzt wer­den, dass 15 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs gedeckt wer­den, z.B. als Antriebsenergie für Wärmepumpen. Die gefor­der­te Nennleistung einer Photovoltaikanlage, in Abhängigkeit von der Grundfläche, gilt nur bei Wohngebäuden.

In den Optionen für die Pflicht zur Nutzung von erneu­er­ba­ren Energien in öffent­li­chen Gebäuden (§ 52) kommt eine Nutzung von Solarstrom nicht vor.

7. Unser Fazit: Das GEG stärkt Photovoltaik — Auch bei Nichtwohngebäuden

Das Gebäudeenergiegesetz stärkt die Bedeutung von Photovoltaikanlagen auch bei Nichtwohngebäuden. Sie kön­nen künf­tig einen deut­li­chen Teil zur Reduzierung des Jahres-Primärenergiebedarfs bei­tra­gen. Eine große Dachfläche macht die Nutzung des Solarstroms noch attrak­ti­ver. Denn der Solarstrom leis­tet auch einen Beitrag zur Erfüllung der ESG-Kriterien für die Immobilie. Spannend wird es zu sehen, wel­che Lösungen der dezen­tra­len Energieversorgung in Gewerbe und Industrie in Zukunft rea­li­siert werden.

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Erfahrender Energieblogger mit hohem Interesse, die Energiewende mit inno­va­ti­ven Technologien und Geschäftsmodellen vor­an­zu­brin­gen. Experte für Gebäudeenergie mit dem Hintergrund als Dipl.-Ing.(FH) Bauphysik.

Andreas KühlEhemaliger Content-Creator bei SOLARIMOEnergynet-Portal für Energieeffizienz und erneu­er­ba­re Energien

Zuletzt bear­bei­tet: 04.08.2020

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